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JEAN-MICHEL JARRE – Equinoxe Infinity

~ 2018 (Columbia Records / Sony Music) – Stil: Elektronik ~


Das Konzeptwerk ´Equinoxe´ war 1978 der Nachfolger des Erfolgs- und Durchbruchsalbums ´Oxygène´ von Jean-Michel Jarre. Das Instrumentalwerk beschrieb den Tagesablauf eines Menschen anhand der Musik aus ferner Zukunft, in einer Aufbruchszeit von Technik und Maschinen. Ein Blickfang waren die „Watchers“ auf dem Coverartwork. Doch die, die uns tagein tagaus beobachten, sind 2018 noch mehr geworden, „1984“ ist keine weit entfernte Utopie.

Vierzig Jahre später, auf den Tag genau am 16.11.2018, erscheint der offizielle Nachfolger ´Equinoxe Infinity´, der weitaus mehr Künstliche Intelligenz sowie die Kollision von Mensch und Maschine thematisiert als es sich der Vorgänger 1978 hätte träumen lassen.

Der ARP 2600 Synthesizer ist ebenso wieder im Einsatz wie EMS Synthi AKS, VCS 3 Synthesizer, Eminent 310, Mellotron und Korg, aber Yamaha CS-80 statt CS-60.

Das Album erscheint in zwei verschiedenen Coverartworks – einmal in der Vision des einträchtigen Lebens in freier Natur oder in der Darstellung der zerstörerischen Seite.

Friedvolle Töne erwachsen in der Eröffnung ´The Watchers (Movement 1)´ aus einer bedrohlichen Atmosphäre heraus und gehen in flirrende Sinfonik über, ein Paukenschlag elektronischer Art. Der Aufbruch scheint sich gen ferne Welten zu richten, hymnisch zelebriert in ´Flying Totems (Movement 2)´. Dann zischen wir durchs Weltall, oder sind es die durchgebrannten Sicherungen der Roboter auf der Erde, die zu ´Robots Don´t Cry (Movement 3)´ brutzeln. Eine angespannte Stimmung aus der Melodie des Todes verharrt in der Tristesse und zaubert die bislang lässigste Tonfolge hervor: ´All That You Leave Behind (Movement 4)´. Ein kurzes, weiteres Aufbäumen in Schönklang-Veranschaulichung ist ´If The Wind Could Speak (Movement 5)´.

Die Rückseite des Werkes beginnt mit den bald populären Tanzschritt-Melodien von ´Infinity (Movement 6)´, eine bewusste Darstellung elektronischer Kunst mit dem Ziel der Massenanziehung. Solch eine durfte auch auf dem Vorgänger bewundert werden. Ein blubberndes Movement – ´Machines Are Learning (Movement 7)´ – hält sich nicht lange auf und geht über in das ´The Opening (Movement 8)´, in dem geradezu trötenden Keyboards zur Geisterstunde einen neuen Fanfarensong heraufbeschwören. Hoffnung, aber noch nicht gefühlsbetont reagieren, heißt die Devise eines ´Don’t Look Back (Movement 9)´, denn der Ausklang ist beruhigend und sentimental, lässt die elektrischen Leitungen der Maschinen nochmals brutzeln: ´Equinoxe Infinity (Movement 10)´.

(8 Punkte)

www.jeanmicheljarre.com
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(VÖ: 16.11.2018)