Livehaftig

HAMMER KING & [DRIVERS INC]

~ 13. Oktober 2018, Irish House Kaiserslautern ~


BRETT. [DRIVERS INC] legen im heute sehr gut besuchten Hexenkessel des altehrwürdigen Irish House passend wie in einem ‚Cage Of Fools‘ (von lauter netten Verrückten, natürlich) etwas doomig OZZY-like los, wandern jedoch danach mit ‚Plans & Pictures‘ auf powervollen Spuren DANZIGs oder CORROSION OF CONFORMITYs, bei einem brachial-kernigen Sound. Sagen wir mal Alternative Metal mit Eiern und Melodien, die durch den starken Sänger und hervorragenden Fronter Sascha getragen werden, der teilweise stimmlich live etwas an John Bush (ARMORED SAINT) erinnert.

Saustarker Schweinemetal, nicht Rock – dafür versprühen die Vier einfach zu viel Energie. Auch Independent Klänge (‚The Circle‘) schleichen sich in die Melange und ich muss gerade an die verträumte Gitarre von MAYFAIR denken. Abwechslung ist Trumpf, DANKO JONES könnte bei dem Abgehrocker ‚Monster‘ Pate gestanden haben. Ruhiger Groove mit Emotionsausbrüchen benötigt einen fähigen, agilen Drummer – den hat man auf alle Fälle mit Günth, dem Tier, zu bieten – Herz, was willst du mehr? Zusammen mit Bassmann Patrick lässt sich ein knallig-groovendes Fundament zimmern, ohne das ein ‚Son Of Scene‘ nicht aus der Taufe gehoben werden könnte.

Stampfer können sie auch, wie der Mitjohler ‚The Whoo‘ beweist. ‚Raise Your Glasses‘ entpuppt sich als Hymne einer mehr als würdigen Warm-Up Party für die Königlichen. Der 2017 als letztes passendes Legosteinchen der aktuellen Besetzung dazugestossene Gitarrist Hakan, ohne dessen variable Stilarten eine solch‘ eigenständiges Überraschungspaket nicht möglich wäre, greift für ‚The Storm‘ wieder die guten, alten Iommi Riffs auf. Die Ode an den gefallenen Superhelden ‚Silver Surfer‘ besticht anfangs mit einem fetten Speedo-Riff und unterstreicht abermals die Klasse dieser Band, die dir aus unterschiedlichsten Einflüssen ihr eigenes Tattoo ins Ohr nadelt: [DRIVERS INC] – mit ewig haltender, akustischer ‚Ink‘ (jaja, arg lahmes Wortspiel meinerseits)!

Die Spannung steigt auf die folgende Release-Show zum dritten Album von des Königs Mannen. Titan Fox selbst überprüft den Zustand der Nebelmaschine auf der Bühne – die glorreichen neuen Banner passen gerade mal so drauf. Der HAMMER wird reingetragen und sofort vom Opener ‚Kingdom Of The Hammer King‘ an ist schon klar, dass diese vier Musiker den kleinen, regionalen Clubs längst entwachsen sind.

Will meinen: Bei der Bewegung auf der Stage reicht der Platz kaum noch aus und die Professionalität der Männer schreit nach großem Ambiente. Nach ‚For God And The King‘ kommt die typische Saint Tropez Ansage, die den Grundstein für Titans fast comedy-artige Ansagen legt. Konträr dazu ist das Songmaterial alles andere als ein Witz. Seid ehrlich: ‚Poseidon Will Carry Us Home‘ ist das MANOWAR Lied, auf welches ihr seit ,Kings Of Metal‘ sehnsüchtig wartet.

‚The Hammer Is The King‘ steht beispielhaft dafür, wie die gesamte Band die Chöre zelebriert, sogar Dolph A. Macallan mit fast schmerzverzertem Gesicht hinter der Bordkanone, während er seine Hämmer schwingt. ‚Chancellor Of Glory‘ zwingt die Königstreuen zum Mitskandieren und wenn man sich auch als intellektueller Avantgardist mal heimlich vor dem eigenen Spiegelbild eingesteht: Es macht unglaublich Spaß. Gino Wild und Titan Fox machen mächtig was her, wenn sie auf ihren erhöhten Podesten auf beiden Seiten der Stage stehend ihre Riffs und Soli in die Menge feuern (jaja, richtig, Conan – mit Wind in ihrem Haar), während K.K.Basement das Zentrum übernimmt und eigentlich irgendwie überall zu sein scheint.

HA! The race is on. Titan eröffnet den Geschlechterkampf als Mitshoutduell zu ‚Battle Of Wars‘ – einem Stück, für das sich der RUNNING WILD-Fan heutzutage ein Bein von einem Hai abbeißen lassen würde (Deshalb humpelt Angelo Sasso seit längerem – Anm. d. Red.). ‚Seven Days And Seven Kings‘ thrasht mächtig nach vorne, dicht gefolgt vom nächsten Brecher des neuen Albums: ‚The King Is A Deadly Machine‘. Brillante Ansagen funktionieren (wenn man Humor hat) etwa so: „Ein Song für die Männer. Each and every morning – the ‚King Is Rising’“. Unglaublich, was nun beim MAIDEN-Seemanns-Chant los ist. Die Hütte wird anschließend komplett abgerissen mit ‚Last Hell Riders‘ – flottestem Powermetal aus dem Lehrbuch. ‚At The Mercy Of The Waves‘ und ‚We Sail Cape Horn‘ mit den wunderbaren, bassgetragenen Parts ist eine Offenbarung für MAIDEN-Afficionados, doch der Refrain gehört dem KING.

Hier offenbart sich einmal mehr die musikalische Klasse dieser teils immer noch verkannten Band. Sehr zu empfehlen für alle Zweifler übrigens mein geheimer Ur-HELLOWEEN Speedmetalfavorit ‚Locust Plague‘, der mir gerade das Herz erwärmt. Nach ‚I Am The King‘ ist es an der Zeit, die Charaktere vorzustellen, was natürlich ebenfalls zur eigenen Feier wird. Mein persönlicher Favorit: „From Cleveland, Norway: Gino Wilde.“ Zu ‚I Am The Hammer King‘ wandert der heilige Hammer selbst durchs Publikum und die Hände der Anwesenden. Zugabenpart: Nur eine Gruppe dieses Planeten zeigt euch ‚Where The Hammer Hangs‘ inklusive zweistimmigem tappings.

Das einem Metalclub aus Stuttgart gewidmete und mittlerweile zur Clubhymne avancierte ‚Warriors Of Angelhill“ lockt abermals die letzten Reserven raus, nicht nur bei den weitgereisten Mitgliedern. ‚We Are The Hammer‘ lässt noch einmal eine Träne fließen in Gedenken an die schnellen, harten RUNNING WILD-Zeiten und die traditionelle Reprise von ‚Kingdom Of The Hammer King‘ beschließt einen Abend, wie er für lächerliche 12€ nicht schöner zu erleben gewesen wäre.

Eben dieser Kontrast zweier Bands, die auf den ersten Lauscher nicht unterschiedlicher sein könnten, aber von Fans, die zu 80% HAMMER KING Shirts trugen, gleichermaßen abgefeiert werden, zeigt deutlich, dass die Szene lebt und zusammen für eines steht: Mitteissende, handgemachte Musik. In Diskussionen, ob Musik nur gut ist, wenn gehaltvoll, dramatisch, düster oder wenigstens sozialkritisch, kommt man im Livebereich meist auf einen Nenner: Sie sollte unterhalten. Über Geschmack lässt sich bekanntlich streiten, nicht jedoch über den Unterhaltungswert von [DRIVERS INC] und HAMMER KING. Amen.