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LETHEAN – The Waters Of Death

~ 2018 (Cruz Del Sur Music) – Stil: Heavy Metal ~


Erdverbundener Epic-Stahl mit deutlicher Doom-Schlagseite, das Ganze noch aus good old Albion – natürlich werden bei dieser Beschreibung zuallererst die Wünschelruten der SOLSTICE-Gemeinde ausschlagen, zumal Instrumentalist und Chefsongwriter James Ashbey von 2012 bis 2016 die Stöcke für die Yorkshire-Legende schwang. Mit ‚The Waters Of Death‘ präsentiert das Multitalent nun den ersten Langdreher seines Herzensprojekts LETHEAN, der 2015 aufgenommenen EP ‚Hope’s Flame Burns Low‘ war leider nur ein digitaler Release beschieden.

Qualitativ müssen sich LETHEAN, benannt nach dem Hades-Fluss Lethe, aus dem die Seelen tranken, um ihr irdisches Leben zu vergessen, nicht vor den namhaften Kollegen verstecken, was die elaborierten Texte angeht und das brillante Coverartwork des Dresdner Künstlers Stefan Bleyl, sowieso nicht. Die sechs Songs strotzen vor Details, der basslastige, torfige Gitarrensound und das effektive Drumming erfordern indes genaues und mehrmaliges Hinhören und Eintauchen, um die Ideen Schicht für Schicht begreifen zu können. Auf klassische Strophe/Refrain-Muster greifen LETHEAN nur selten zurück, hier zeigt sich die Liebe zu den alten Meistern CIRITH UNGOL, MANILLA ROAD und SCALD, die lieber eigene Flussbette gruben als altbekannten Wegen zu folgen.

Gerne darf das Wasser auch übers Ufer treten. Kraftvolle Tempoverschärfungen wie im vorab veröffentlichten Siebeneinhalb-Minuten-Opener ‚Idylls Of The King‘, im BATHORY-streifenden ‚In Darkness Veiled‘ oder im großartigen ‚Devouring Fire‘, das zum Abschluss alle Kraft und Zerbrechlichkeit in einem zehneinhalbminütigen Epos bündelt, werden mit souveräner Hand wieder eingefangen – ein Zeugnis von musikalischer Reife und tiefem Genreverständnis. Nein, Schroffheit ist bei LETHEAN kein Tarnschild vor etwaiger Zielosigkeit. Womit wir beim Gesang wären, der speziell Gelegenheits-Epikern Anlass zum Ohrenrümpfen bieten könnte.

Thumri Paavana, bis 2017 bei den hierzulande leider kaum bekannten Powermetallern SOUL SHREDDER aus Sheffield aktiv, singt kraftvoll, klar und mit sicherem Vibrato, gerät ob ihrer mittleren Höhenlage allerdings nie ernsthaft in Trällerelsen-Gefahr. NIGHTWISH-Allergiker können beruhigt aufatmen. Schreihals-Fans müssen eh woanders fündig werden. Meines Erachtens ist es nicht zuletzt der weibliche Gesang, der LETHAN eine ganz eigene Nische im überfüllten Markt einbringen dürfte. So sah es auch Enrico Leccese, der mit seinem Feinschmecker-Label  „Cruz del Sur“ bekanntlich nur ganz selten danebengreift.  ‚The Waters Of Death‘ ist ein starkes, immer noch wachsendes Album, das seine Hörerschaft finden wird. Hope’s Flame Burns High.

(8,5 Punkte)

Ludwig Krammer

 

 

2012 geboren ist LETHEAN das Geisteskind des englischen Multiinstrumentalisten James Ashbey (CRAVEN IDOL, DECEPTOR), der auch auf den letzten beiden Demonstrationsaufnahmen und der 2013er ´Death’s Crown Is Victory´-EP von SOLSTICE das Schlagzeugfeuer entzündete. LETHEAN bleiben natürlich ex aequo dem Doom treu, kombinieren ihn mit epischem Heavy Metal und NWoBHM-Einflüssen, so dass dieser kauzige Tonfall erklingt wie wir ihn in den letzten Jahren ansonsten von ATLANTEAN KODEX oder eben SOLSTICE gewohnt sind. Atmosphäre ist hier alles, schneidende Gitarrenläufe erklingen in der Schwere des Ur-Metals.

Nach einem nicht offiziell vertriebenen Demo sollten LETHEAN zudem nicht mehr mit der US-amerikanischen Death Metal-Combo gleichen Namens verwechselt werden. Als Herausstellungsmerkmal tritt der Gesang hinzu. Seit vergangenem Jahr ist Thumri Paavana Sängerin von LETHEAN und dürfte mit ihrem sophisticated Gesang die noch zu findende Anhängerschaft spalten. Ihre Darbietung fände ebenfalls bei sinfonischen oder progmetallischen Formationen Anklang. Das vorzügliche Covergemälde bei dieser Gemeinschaft von Connaisseurs allemal.

Wer nicht gar so erdverbunden wie Kollege Krammer ist, erlebt selbst als Doom-Maniac auf dem Debüt des Duos nichts allzu Aufregendes, was er in den letzten Jahren nicht schon bewundernswerter vernommen hat, insbesondere bei Yorkshires Finest. Die Liebe zu alten Meistern ist schön, ist gut, auf deren gehobenes Qualitätslevel gelangen LETHEAN mit diesem Werk längst nicht. Die Solo-Einlagen zeugen von einem gewissen Ideenreichtum, Songs wie der Opener ´Idylls Of The King´ fesseln dennoch selbst nach Dauerrotation nicht. ´Seafarer´ trifft hingegen die Sinnesnerven an der richtigen Knospe. ´In Darkness Veiled´ lebt vom pfundweise hämmernden Rhythmus-Bollwerk. Wenn die heroischen Refrains zum Mitsingen ausbleiben, muss halt der Rhythmus die Wallung im Blut erzeugen. Auffälligerweise ist nahezu jeder Song schneller als es die Doom-Etikette erlaubt, so auch das bereits auf dem Demo vertretene ´Time And The Gods´. Recht so. Nur ´Across Grey Waters´ lässt die Zeit, akustisch geprägt, gemächlich verstreichen, um im finalen Ausbruch diese Stimmung abzulegen. Den Schlusspunkt setzt das zehnminütige ´Devouring Fire´. Wer sich grundsätzlich mit dem Gesang anfreunden kann, sollte LETHEAN näher inspizieren.

Ansonsten nichts Neues im Vereinigten Königreich.

(Knappe 7 Punkte)

Michael Haifl


(VÖ: 9.11.2018)