2017 (World In Sound) – Stil: Acidrock
Spanische Heavy Acidrocker, seit 2010 aktiv, spielerisch frei und klanglich bei allen Siebziger- und Spät-Sechziger-Einflüssen deutlich am Puls der Zeit. Viele Melodien haben diesen aktuellen Psychedelic- Einschlag, diese Melancholie, wie wir sie aus den Songs von WITCHCRAFT oder GRAVEYARD kennen, die beide auf die alten NORRSKEN zurückgehen. Aber PRISMA CIRCUS sind flippiger, wilder, freier als die genannten Schweden, was ihrer südeuropäischen Herkunft geschuldet sein mag. Mehr Flamenco und spanische Sonne im Blut als die Steife schwedischer Winternächte.
Funky Momente mit wild feuernden Gitarren sind hier keine Seltenheit. Die Band geht dabei komplett ab, insbesondere der faszinierende Figuren um den ausbrechenden Bass herum spielende Drummer. Das Tosen und Donnern der Drums und das pulsierende Pumpen des Basses bilden die Grundlage für die ausgeflippte Gitarre, die sich gerne in furiosen Leads und ekstatischen Soli ergeht. So macht Musik Freude.
Der Funkrocker hat dann eher ein gemächlich bluesiges Ende, aber die Intensität nimmt nicht ab. Ein eruptiver Hardrocker erscheint auf der Bildfläche, prescht mit einer immensen Hektik um die Ohren des geneigten Fans und tief in seine Seele hinein, rastet dann aber und lässt eine ruhige, mit verspielten Drumfiguren aufgepeppte Passage wirken. Schöne Orgel, schöne Leadgitarre, eine sich langsam steigernde Intensität, das weiß den Hardrockfanatiker in Trance zu versetzen. Kein Gesang dabei. Was aber auch nur kurz auffällt, denn die Leadgitarre trägt die Hauptmelodie und die ist schön. Eine Atmosphäre von Tragik und Trauer kommt auf, als eine eher klassisch geschulte Orgelpassage den Weg für einen freiformatig krachenden Gitarrenfreakout ebnet. Dann kommt der Tritt in den Hintern, die Band rennt förmlich los, springt umher und schon ist man in einem wilden Hardrocker mit kräftigem Gesang.
Bei aller Verspieltheit sind PRISMA CIRCUS schön eingängig und groovy. Sie taugen dem Mainstream in der Szene wahrscheinlich nichts, weil sie zu wild und ausgelassen agieren. Songstrukturen lassen sich oft nur erahnen und werden noch durch die schier explodierenden Rhythmen aufgebrochen. Allein die Melodien von Gitarre und Gesang bündeln die Kraft der einzelnen Passagen und formen so das Lied an sich. Freakouts mit ordentlich Lärm sind hier und da gekonnt platziert worden.
Die Musik der Band ist ein ständiges „Stop and Go“, ein Vorantreiben, ein Innehalten, ein Tanzen, Springen und nachdenkliches Verharren. Sehr frei gespielt, aber irgendwie kommen sie auf den Punkt. Am Ende steht der Song. Diese Band dürfte live nochmal eine Schippe furioser und mitreißender sein. Und wer heute noch ein Drumsolo auf Platte macht, der muss schon wirklich gut sein, auch wenn es nur eine weniger als 20 Sekunden dauernde Überleitung ist. PRISMA CIRCUS schütteln es sich locker aus dem Handgelenk. Die Songs wirken wie eine Reise, bei der man als Hörer die ständig wechselnde Landschaft bewundert. Der Weg ist hier das Ziel.
Ihre spanischen Wurzeln dringen musikalisch eher selten durch, aber dann auch in einer machtvollen, trotzdem sanften Art. Ergreifend schön. Auch finde ich die spanische Sprache für Gesang sehr packend, weil sie eine gewisse Wut und Trotzigkeit mit sich führt. Spanier sind stolze Menschen, selbst die verkifftesten Hippierocker.
Die neue Hardrockmusik mit 70er-Charakter ist sicherlich noch immer im Trend, aber man muss schon darauf achten, welche Bands wirklich zur Liebhaberei taugen und welche eher klangliches Fastfood bilden. Im Moment denke ich, dass die weltweite Szenerie dieser Musik noch immer enorm viel geniales Material ausspuckt, auch wenn vor fast 50 Jahren schon alles einmal gesagt wurde. Manche Dinge können, nein, müssen halt immer wieder angesprochen werden, weil sie aktuell bleiben.
Ich kann jedem Fan von KADAVAR, BLUES PILLS, GRAVEYARD, WITCHCRAFT und solchen Kapellen diese Spanier auf ‚World In Sound‘ direkt empfehlen. Bei der Gelegenheit sollte man sich das aktuelle VVLVA Album (siehe hier) auch gleich zulegen. Tolles Label mit tollen Bands.
(8,5 Punkte)
https://prismacircus.bandcamp.com/album/mk-ii-prometheas-armageddon
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