PlattenkritikenPressfrisch

DIRTY PROJECTORS – Lamp Lit Prose

2018 (Domino/Goodtogo) – Stil: Indie Pop Rock


´Bitte Orca´ aus 2009 pulsiert immer noch im Gedächtnis, das letztjährige, mitleidserregende, selbstbetitelte Werk hingegen nicht. Dagegen ist ´Lamp Lit Prose´ die erhoffte, optimistische Antwort. Scheinbar hat der 36-jährige David Longstreth mit einer neuen Liebe zurück auf den Pfad der musikalischen Tugenden gefunden, den er nach der Trennung von seiner Geliebten und ex-Bandkollegin Amber Coffman verlassen hatte. Denn die DIRTY PROJECTORS entzücken auf ihrem neunten Werk abermals mit einer Ausstrahlung und Persönlichkeit, die zum Verlieben anhält: innovativ und experimentierfreudig.

Die DIRTY PROJECTORS sind ebenso experimentell wie die Avantgardisten von ANIMAL COLLECTIVE, sie bringen genauso viel Elektronik in den Rock wie einst RADIOHEAD, bewahren sich dabei aber das Gespür für den Rhythmus von PAUL SIMON, den Funk in allerbester PRINCE-Manier und setzen als Krönchen nicht nur erstklassige Gesangsharmonien oben auf, sondern verbreiten – mit scheppern und rumoren, mit zwitschern, wirbeln, schallen und hallen – ein hyperventilierendes Gefühl. Zieht der Rhythmus deiner Gehirnmasse fortwährend den Boden unter den Füßen weg, dann erklingt bereits der Opener ´Right Now´ mit Gastsängerin Syd, der 26-jährigen Songwriterin, Musikproduzentin und Toningenieurin des Alternative R&B, und niemand denkt an VAN HALEN. Im zirpenden Flattermantel Paul Simons ertönt ´Break-Thru´ für die VAMPIRE WEEKEND-Hörerschaft auf Samstagsdrogen. Der Einsatz von Rostam Batmanglij (ex-VAMPIRE WEEKEND) erfolgt aber erst, gemeinsam mit Robin Pecknold (FLEET FOXES), in ´You’re The One´, scherzhaft schon als Auftritt der Three Indie-Rock Tenors umschrieben. Die HAIM-Sisters sind dagegen im Protest-Folksong ´That’s A Lifestyle´ vertreten, verschrobene Gesangseinsätze und psychedelische Einschübe sorgen hier bei Erstkontakt für Verwirrung. Zum PRINCE-Revival-Festival erschallen ´I Feel Energy´, mit der 24-jährigen Soul-Sängerin Amber Mark, und ´What Is The Time´. Zur Nachtzeit folgen Streicher und die Blockflöte des Todes dem schwermütigen Jazz eines ´(I Wanna) Feel It All´. Ein ´Zombie Conquerer´ kann sich dagegen des Einflusses von LED ZEPPELIN und der WHITE STRIPES nicht verschließen, der ´Blue Bird´ nicht dem der BEATLES.

So oder so ist nichts auf ´Lamp Lit Prose´ 100% Indie Rock, nichts Alternative Rock, nichts Electronica, nichts Artrock, nichts Math Rock, nichts Folk Rock, alles DIRTY PROJECTORS. Setzt euch neben die Vögel, Hasen und Meerschweinchen, gönnt euch dieses aufsehenerregende Sommeralbum 2018.

(8,5 Punkte)