Livehaftig

House of The Holy II – Part One

20. – 23.  Juni MMXVIII, Abtenau, Austria

Wednesday XX & Thursday XXI


Ein Bericht über die Sonnwend auf „der Alm“ war für mich bisher ein Tabu. Auch wenn ich schon in den letzten Jahren Bilder davon habe sprechen lassen – der Versuch, den Geist dessen, was hier passiert, mit Worten einzufangen grenzt für mich auch weiterhin an Ketzerei. Wer schon einmal Teil davon war, weiss was ich meine – dies ist nicht einfach ein Festival, hier treffen sich in einer geschlossenen, geschützten Gesellschaft alljährlich Gleichgesinnte auf und vor der Bühne zu einem spirituellen Familientreffen der urwüchsigsten, ursprünglichsten Art. Auf über 1100 m Höhe, weit weg von dem, was wir so euphemistisch Zivilisation nennen, inmitten von Wald und Kuhweiden lässt jeder den Alltag los, kommt auf den Boden, zu Mutter Natur, zu sich selbst und den anderen auf liebe- und respektvolle Art zurück, und lädt am einzigartigen Feuer die Akkus für das kommende Jahr wieder auf.

Dass hierzu noch exquisite Bands des dunklen, extremen, aber vor allem natur-/traditionsverbundenen Spektrums den Soundtrack liefern, ist ein Luxus, der süchtig macht, sämtliche Karten sind daher stets innerhalb weniger Stunden ausverkauft. Daher soll für all diejenigen, die bislang nur vom Funkenflug träumen, im Folgenden der Schleier ein wenig gelüftet werden…

 

  

 

Mittwoch 20.06.2018

Ein reiner Black Metal-Vorabend läutet das diesjährige “Festl” ein: drei deutsche Bands, sämtlich bei WTC unter Vertrag, bereiten den Boden mit ihren gleichzeitig klassischen wie modernen Interpretationen des Genres: SHRINE OF INSANABILIS aus Karlsruhe, CHAOS INVOCATION aus der Pfalz und die norddeutschen DYSANGELIUM hinterlassen offene Münder beim anwesenden Publikum und strafen diejenigen Lügen, die meinen, auf der Alm wäre Black Metal kein Thema mehr. Ganz im Gegenteil! Und dazu scheint auch noch völlig unmetallisch die Sonne bei mehr als sommerlichen Temperaturen – Alpenidylle der ganz anderen Art!

 

 

 

Donnerstag, 21.06.

Der erste „richtige“ Festivaltag beginnt mit den sanften galizischen Folkloretönen von SANGRE DE MUERDAGO. Eine Kaffeebohnen-Schnapsmischung wird herumgereicht, aber die Zuschauer sind auch so hellwach am frühen Nachmittag, und lassen sich verzaubern und entführen in Nordspaniens Flur. Das geplante Waldritual fiel dem Gewitter zum Opfer, und als es vor der Bühne zu nieseln beginnt warte ich nur auf den Regenbogen, der alles noch magischer machen würde. Welch herzerweiternder und -erwärmender Einstieg!

 

Während uns VRADIAZEIs düsterer, akustisch vorgetragener Female-Westküstenfolk nicht wirklich einfangen kann, rüstet der Regengott auf – er ist uns heute almtypisch mal wieder sehr wohlgesonnen, so dass ich erst zu meinen heißgeliebten CRONE aus dem Langhaus herauskomme, um mich im Folgenden so richtig durchweichen zu lassen – mental wie physisch. Die Osnabrücker beweisen in Schmuck- wie Songauswahl Geschmackssicherheit, der überlange Soundcheck für den viel zu kurzen Auftritt hat sich gelohnt, ein eindrucksvoll-melancholischer und gleichzeitig hart rockender Regentanz von einem Gig beginnt mit ‚The Ptilonist’ und endet hypnotisch mit ‚Houses Of Gehenna’, regen- (oder Tränen?) nasse Strahlegesichter hinterlassend. Der erste Höhepunkt des unglaublichen Donnerstags!

  

 

Noch mehr Wasser von oben brauche ich heute nicht und verpasse daher SLIDHR, doch zum Glück bringt ’Exuvia’s Beschwörung‘ die Wolken zum schliessen. THE RUINS OF BEVERAST sind hier und heute genau am richtigen Platz und dermassen fokussiert, dass ihre Perfektion und Power fast schon beängstigen – eine Walze von einem Auftritt, Publikum wie Band teilen sich eine tranceartige, an- und abschwellende Energie. Was von Meilenwald, Zech & Co. (inklusive CRONEs Keyboarder und einem abgedrehten Stehtrommler, der schier die Bassdrum vom Podest kloppt) hier abziehen ist einfach nur der pure Wahnsinn! Wenn ich mich nicht täusche, werden die geplanten anderthalb Stunden auch noch etwas ausgedehnt…stören tut’s keinen hier, Ván-Labelboss Sven feiert seinen Ex-Nagelfar-Kollegen luftbassend genauso exstatisch ab wie alle anderen um ihn herum. Ich bin am Ende dermassen euphorisiert, dass ich (zugegeben unvorsichtig) verkünde, damit wär’s das für mich heute schon gewesen. Aber es fehlt ja noch eine Band…

 

   

 

 

Denn die Wölfe sind zurückgekehrt auf die Alm, zu der sie wie so viele stark naturverbundene Künstler ein ganz besonderes Verhältnis haben, und natürlich sind sie ein mehr als würdiger Headliner heute Abend. Ich bin jedoch immer noch komplett RUINS-geflasht und komme trotz ritueller White Sage-Abräucherung und vieler hochenergetisch dargebotener Preziosen von vor allem ‚Thrice Woven‘ nicht so tief in den Auftritt wie ich es mir wünschen würde. Dafür versinken neben mir hochgeschätzte Menschen zutiefst in dem schwarzmetallischen Gewitter, das sich heute mal auf der Bühne und nicht darüber entlädt.

 

 

 

 

Zu gerne würde ich mal an Nathans einladender Rotweinbuddel kosten, denn zuviel Zeit zum Trinken hat der Gute zwischendurch gar nicht. WOLVES IN THE THRONE ROOM beweisen sich wieder einmal als musikalische wie spirituelle Macht, doch als ihr Gig beendet ist, ist es auch dieser Abend für uns, wir machen uns durchnässt, aber glückselig auf den Weg ins Tal. HEXVESSELs Akustik-Gig findet ohne uns, und wiederum dem Wetter geschuldet, nicht im Wald statt – wir werden sie morgen sehen!

…und Euch bei Part Two wieder!

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