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GHOST – Prequelle

2018 (Loma Vista Recordings) – Stil: Hardrock


Selbst eine jährlich sich ändernde Maskerade führt in der westlichen Konsumwelt nicht zu Beeinträchtigungen. Allein durch einen sich fortsetzend wechselnden Mummenschanz konnten sich GHOST weltweit, vor allem in den Vereinigten Staaten von Amerika etablieren. Zuletzt gab es aber ein reichlich öffentlichkeitswirksames Zerwürfnis im friedvollen GHOST-Camp. Wollten doch die „Nameless Ghouls“, die Mitstreiter um „Papa Emeritus“ bzw. „Cardinal Copia“ mehr Tantiemen erhalten als dieser willens war, ihnen zu geben. Im selben Zuge kam ebenso der reale Name von „Papa Emeritus“ für alle Welt ans Tageslicht – und infolgedessen auch das Vorleben von Tobias Forge bei einer Black Metal und Death Metal-Band, bei der Glamrock-Band CRASHDIET und weiteren Alternative Rock-Projekten.

Das Debüt ´Opus Eponymous´ der Maskenmänner war 2010 zumindest ein metallischer Klassiker im Grenzbereich zwischen BLUE ÖYSTER CULT und KING DIAMOND. Dieses Hitfeuerwerk konnten GHOST zwar auf den Nachfolgern – besonders nicht in dieser Härte – wiederholen, allerdings war allein der Über-Hit ´He Is´ vom letzten Album ´Meliora´ ein wahres Geschenk. Die Ausrichtung in melodisches Hardrock-Terrain fand bereits zuvor statt, die Verschmelzung mit prägenden Melodien der Sechziger und Siebziger hat sich bewährt.

´Prequelle´ entstand aus der negativen Aura von Tobias Forges privaten Querelen und dem allgemeinen Weltgeschehen, das sich tagtäglich in einigen Erdteilen wie der Weltuntergang anfühlen mag. Dennoch geht das Dasein für die Überlebenden, die aus diesen Erfahrungen lernen und sich schmerzhaft das Positive vor die Augen halten müssen, tagein tagaus weiter.

Die geisterhafte Einleitung ´Ashes´ ist das Vorspiel für ein loses Konzept über Tod und Untergang. Der Schwarze Tod, die europäische Pestepidemie des 14. Jahrhunderts, bildet die Grundlage für die eingängige, da mit einem Ein-Wort-Refrain ausgestattete Komposition ´Rats´. Epische Zwischentöne festigen daher die Stärke des Songs, der ebenfalls Anhänger der erst konzeptionell zum Höhepunkt gelangten W.A.S.P. für Tobias Forges Kostümball begeistern könnte. ´Witch Image´ und ´Faith´ verbinden die Achtziger Jahre mit gewohntem Rock-Feeling, letztgenannter Song im Metal-Arabicum. ALICE COOPER und BLUE ÖYSTER CULT im Lichtgewitter. Die Power Ballade ´See The Light´ windet sich mit Klavier und amtlichen Schlagzeug-Stößen empor, auf einer heroischen Schneise in der Umgebung skandinavischer Bestseller-Exporte. „Esse mich, dann siehst du das Licht“, müssen sich natürlich auch die Kannibalen vor dem Verspeisen gegenseitig zugerufen haben. Synthesizer, Gitarren und ein überraschendes Saxofon-Solo versüßen die beiden Instrumental-Gerichte ´Miasma´ und ´Helvetesfönster´, die der kurzen Gesamtspielzeit kostbare Minuten für ein weiteres Songfeuerwerk stehlen. Den ´Dance Macabre´ tanzen schließlich alle Nachtschwärmer für eine Dunkelheit voller Exzesse, für den Tanz bis in den Tod. Klassischer Melodic Rock schwedischer Zubereitung. Die Lichtgestalt dieser Saison trägt den Namen ´Pro Memoria´. Nach einem sinfonischen Einstieg übernimmt das Klavier die Führung über den Todes-Parcours: „Vergesst nicht zu sterben“, selbst wenn dies der letzte Song sein sollte, den Ihr hören werdet. Ein erneuter Beweis für die Ausnahmestellung von Tobias Forge in Bezug auf Harmoniegesänge. Die Flucht aus dem Leben oder die Hoffnung auf ein unsterbliches besingt das epische Meisterstück ´Life Eternal´ im Finale. GHOST schenken ihren Unterwürfigen wieder schwebende Melodien. Glorreich.

(8,5 Punkte)