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A PERFECT CIRCLE – Eat The Elephant

2018 (BMG/Warner) – Stil: Rock


Es ist immer wieder bemerkenswert, wie es einige wenige Musiker schaffen, im Blickwinkel ihrer Anhängerschaft sowie der Medien stets präsent zu sein und dabei unaufhörlich auf einer hohen Bekanntheitswelle zu schwimmen, ohne dafür auch nur einen Handstreich zu leisten.

A PERFECT CIRCLE haben seit 2004 kein Album mehr veröffentlicht, wobei ´eMOTIVe´ mit fast ausschließlich umarrangierten Cover-Versionen meinerseits bis heute konsequenterweise ungehört ist, führen aber ein Leben von dem jeder Hobby-Musiker bloß träumen kann. Ein Leben, eins von einer Millionen.

Der 47-jährige Gitarrist und Hauptsongwriter Billy Howerdel werkelt lieber an Film-Soundtracks, so dass er spätestens bei den Arbeiten für den Soundtrack des Films „D-Love“ eine Abkehr vom Grundprinzip des klassischen Rock vollzog. So belegt es ´Eat The Elephant´. Denn alle Kompositionen wurden auf dem Piano oder Keyboard komponiert und lassen die Gitarre etwas aus dem Fokus treten. Der 54-jährige Maynard James Keenan vertreibt sich dagegen die Zeit seines Lebens lieber als Winzer, seinem Projekt PUSCIFER oder zählt die Erbsen bis zum Erscheinen eines neuen TOOL-Werkes.

Zum letzten Aufgebot für ´Eat The Elephant´ standen Jeff Friedl (PUSCIFER, THE BETA MACHINE) und Matt McJunkins (EAGLES OF DEATH METAL, THE BETA MACHINE) zur Verfügung, James Iha (SMASHING PUMPKINS) nur noch auf dem Papier, nicht im Studio. Troy Van Leeuwen (QUEENS OF THE STONE AGE), Josh Freese (GUNS N´ROSES, OFFSPRING, Sting u.v.m.) und Paz Lenchantin hatten die Segel längst gestrichen.

Der Opener ´Eat The Elephant´ nimmt sogleich den Wind aus jeder Erwartungshaltung heraus. Luftig erklingen Percussions und Tastenklänge. Das Klavier bestimmt eindeutig die wehende Atmosphäre und gewährt wenige, melancholisch aufkommende Emotionen. Obwohl Maynard James Keenan unnachahmlich das gesamte Album mit seiner gefühlsbetonten Stimme trägt, schafft er es nicht vollends, diesem jazzigen Song in der Art und Weise eines Thom Yorke Größe zu verschaffen. Anschließend nimmt ´Disillusioned´ etwas an Fahrt auf, auch wenn es sich zwischendurch allein mit Klavier und Stimme nahezu schmerzhafte Stille verschafft, in der Maynard in unserer Silikonwelt die Waldesruhe preist. Eine Geräuschkulisse holt das Lied und leichte Emotionsregungen wieder zurück. Große Gefühlsausbrüche verschafft selbst ´Feathers´ nur ein elefantiges Vibrieren. In ´The Contrarian´ warnt der Sänger vor dem Lügner, dem Gegenspekulationstheoretiker. Und erneut blicken postrockige Soundlandschaften hervor, die sich orchestraler sowie mit Post-Fanfaren-Lauten und drückendem Schlagzeug im fiebernden ´The Doomed´ weiter ausbreiten. Theatralisch mit Lampenfieber in einer Glöckchen-Sequenz, ehe die hardrockende Wucht obsiegt.

Douglas Adams‘ „Per Anhalter durch die Galaxis“ führt uns in den Stadionrock ´So Long, And Thanks For All The Fish´ ein, erzählt von Major Tom, Willy Wonka, sowie der Haut und den Haaren von Marilyn Monroe. Die satte Orchestrierung gönnt sich eine Hook von PLACEBO. Diese wird aber neben der im zeppelineskem Rocker ´Delicious´ die einzig echte bleiben. ´TalkTalk´ startet einen harschen Aufruf an all die gesellschaftlichen Prediger und Fanatiker, nicht selbst das Problem, sondern die Lösung zu sein. Allein die Gitarren von ´By And Down The River´ mögen sich nicht einlullen lassen und unternehmen einen Ausbruchsversuch. Klavier und dunkle Streicher öffnen das Tor zu ´Hourglass´, in dem der Rhythmus und die Stimme Maynards marschieren. Eine synthetische Stimme gesellt sich in die Abrechnung mit Aristokraten, Oligarchen, Demokraten sowie Republikanern hinzu und dürfte jede Arena mit dieser avantgardistischen Hymne zum Kochen bringen. Die Stimme unter dem Kissen versteckt, bedeutet die laufen gelassene, fernöstliche gestimmte Soundmaschine von ´Get The Lead Out´ den Abschluss.

´Eat The Elephant´ gerät weder zur erhofften Offenbarung noch zum überbordenden Meisterwerk. Bei intensivem Kopfhörerkontakt zeigen sich die gewohnten, systematischen, für den Liebhaber aufwühlenden Klangwirkungen. Imposante und monumentale Strahlkraft bleibt aus.

(7,77 Punkte)

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