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SÄLLSKAPET – Disparition

2018 (BMG/Warner) – Stil: Post-Western-Industrievorstadt-Blues


„Die Zeit steht nicht still, alles dreht sich“ – die Disparition, der Untergang, das Verschwinden, nichts von alledem befindet sich in weiter Entfernung zum Hier und Jetzt. Das einstige Trio SÄLLSKAPET durchlebt ebenso seine Wandlungsphasen – vom Industrial Rock im Ambient Industrial angekommen, eine wahre post-traumatische Metamorphose.

2003 von den nicht gänzlich unbekannten Herren Joakim Thåström (EBBA GRÖN, IMPERIET, PEACE, LOVE & PITBULLS), Niklas Hellberg (ALL THAT JAZZ, PEACE, LOVE & PITBULLS) und Pelle Ossler (WILMER X) gegründet, müssen SÄLLSKAPET beim dritten Album ´Disparition´ die vorherrschende Abwesenheit von Joakim Thåström verkraften, können stattdessen die außergewöhnliche und phänomenale Sängerin und Songschreiberin Andrea Schroeder am Mikrofon präsentieren. Und die Wahlberlinerin singt in atemraubender Schwerelosigkeit, anders als auf ihren Solo-Werken stoisch und besonnen, über den Klangschöpfungen völlig ergreifend und gefangennehmend – in Deutsch. Die herrlichste Kollaboration seit es – aus robustem Massivholz in satt grün und verspielt blumig – Sällskap gab.

Der industrielle Spaziergang führt von der Veranda des grünen Vorstadt-Idylls im Morricone-Viertel (´Disparition #1´) zu den abgewrackten Industrieanlagen der Großstadt (´Morgenlicht´). Andrea Schroeder schwebt trotz überbordender Dramatik in Ausgelassenheit (´Die Zeit vergeht´). Wer nicht bereits in diesem Moment zum Gefangenen der Musik geworden ist, entkam erst vor kurzem der langjährigen Gefangenschaft in Sibirien. Denn natürlich kennt auch der Industrial von SÄLLSKAPET die Düsseldorfer Schule um KRUPPS und im Speziellen KRAFTWERK (´L´Autostrada´), tönt er 2018 flirrend (´Wandler´), in sanften Sphären und dreht himmlische Tänze mit Madame Schroeder (´Waltzer´). Andauernd im Kreis, es dreht sich alles, zum Gilmour-Solo (´Disparition #2´), endlos – „Die Zeit steht still“.

(8,5 Punkte)

https://www.sallskapet.net/