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PHILIP H. ANSELMO & THE ILLEGALS – Choosing Mental Illness As A Virtue

2018 (Season Of Mist) – Stil: Thrash Metal


Ein Getriebener. Phil Anselmo muss im vergangenen Jahr ziemlich wenig Schlaf gefunden haben. So hat der umstrittene, aber legendäre Ex-Sänger der 1990er Metal-Legende PANTERA im Jahr 2017 ausgiebig mit SUPERJOINT RITUAL (Sludge/Hardcore) getourt, um deren ´Caught Up In The Gears Of Application´ zu promoten. Zudem hat er mit ´Red´ das erste Lebenszeichen seiner Black Metal-Truppe SCOUR von sich gegeben. Und nun bringt das noch junge Jahr 2018 das mittlerweile bereits zweite Album seines Solo-Projekts PHILIP H. AMSEMO & THE ILLEGALS mit sich. Ein Album zur Selbsttherapie: pure Egomanie. Es ist ein Ritt zwischen Himmel und Hölle – auch für den Hörer.

Auf ´Choosing Mental Illness As A Virture´ treffen Zuversicht auf Verzweiflung, Zorn auf Freude. Anselmo, seit Jugendjahren in Sachen Seelen-Striptease tief geprägt von zwei charismatischen Vorbildern bei BLACK SABBATH und BLACK FLAG (Ozzy Osbourne bzw. Henry Rollins), lebt sich hier sowohl stimmlich als auch lyrisch voll aus. Er kehrt sein Innerstes nach außen. Beispiel Titelsong: „If I could shake it off, I would“, schreit er wild, grunzt, stöhnt – und bellt dann im Brustton der Überzeugung: „But I fucking embrace it!“ Sein Leben ist Schmerz. So soll es sein.
Also alles in Allem der richtige Antrieb für den ohnehin immer wieder von Rückenleiden und Drogengeschichten Geplagten, der vor ziemlich genau zwei Jahren zwar angeblich nur „aus dummem Versehen und zum Scherz“, aber umso öffentlichkeitswirksamer auf einem Tribute-Konzert zu Ehren des 2004 erschossenen PANTERA-Gitarristen Dimebag Darrell den rechten Arm hob – es sah aus wie ein Hitler-Gruß. Nicht zu entschuldigen! Aber vielleicht arbeitet Anselmo diese mehr als strittige Geste endlich final auf, reut und büßt. Ein Urteil dazu sollte sich jeder selbst bilden.

Zurück zu ´Choosing Mental Illness As A Virture´: Unterm Strich ist das Album nicht nur aufgrund seiner emotionalen Dichte und einhergehender Authentizität seit Langem wieder eines der interessanteren im Extreme-Metal. Es ist vor allem durchweg hörenswert und bietet keine Standardkost: ein eigenwilliger Mix aus Black und Thrash Metal mit Extraportionen Sludge und Noise, hier und da gekonnt beschleunigt durch kurze Hard- und Grindcore-Attacken. Der Chef zumindest ist sehr zufrieden damit: „I can easily say I’ve done everything I’ve wanted in music.“

(8 Punkte)