Livehaftig

THE NIGHT FLIGHT ORCHESTRA

14.12.2017, Connection Complex, Mannheim


Eine von vier Deutschland-Shows der brillanten THE NIGHT FLIGHT ORCHESTRA sozusagen fast vor der Haustür. Sehr praktisch, aber für die Herren wäre ich auch ein paar Stunden gefahren, denn mit `Amber Galactic` haben die Skandinavier mal so nebenbei eines der bedeutendsten Alben des Jahres 2017 veröffentlicht.

Die Erwartungshaltung ist groß, sehr groß, denn bei so einem Album wie `Amber Galactic` muss auch live geliefert werden – und hier zeigt sich dann meistens, ob eine Band in der Lage ist, auch Live zu überzeugen. Ohne Opener geht das Sextett an den Start. Schon vorher fragt man sich allerdings, warum zur Hölle eine Eule auf der Bühne platziert wurde.

Die Band beginnt mit dem eindrucksvollen `Midnight Flyer` und beweist augenblicklich, dass sie sehr, sehr, sehr nahe am Albumsound aufspielen kann. Vorerst genießen die beiden Backing-Vocal-Damen im Sechziger-Jahre Stewardessen-Outfit neben dem Schlagzeug die ganze Aufmerksamkeit des überwiegend männlichen Publikums. Aber das verliert sich schnell, denn Sänger Björn Strid, mit seinen knapp zwei Metern Körpergröße, dominiert die Bühne. Locker liefert er die hohen Töne vom letzten Album und bei den Refrains ist ausnahmslos Gänsehaut angesagt. Die Herren klingen arschtight, perfekt aufeinander abgestimmt, dabei können sie nur mal auf eine Handvoll Shows zurückblicken.

 

Das Eröffnungstriple mit dem schon erwähnten `Midnight Flyer`, `California Morning`, `Stiletto` setzt sich aus Songs von jedem bisher veröffentlichten Album der Band zusammen. Schon hier wird klar, dass die Vorgänger deutlich rockiger, erdiger und weniger mit voluminösen Chören ausgestattet waren. Aber dennoch wirken auch diese Songs locker, sehr fließend, nicht berechnet härter. Alles läuft geschmeidig daher. Auch das vor dem Gig geteachte „Monnem“ bei Sänger Strid kommt gut an und sorgt regelmäßig für Lacher.

Strid sorgt aber immer dann für die schon erwähnten Goosebumps, wenn er Stücke des aktuellen Albums formvollendet singt. Was für eine phänomenale Stimme. Die Chöre sind brillant dazu angepasst und so wirken gerade die `Amber Galactic`-Songs fast schon erregend. `Something Mysterious`, `Domino` oder das unfassbare `Gemini` verleihen einem Flügel … Magisch!

THE NIGHT FLIGHT ORCHESTRA überzeugen, erfüllen die hochgesteckten Erwartungen und beweisen, dass sie das im Studio kreierte auch live in der Lage sind, zu liefern. Das Publikum tanzt, singt und ist gnadenlos begeistert. Der Spaß- bzw. Unterhaltungsfaktor ist vorbildlich. Schräg ist einzig, dass der Gig mit einer angenehmen, sehr fein austarierten Lautstärke beginnt und bis zum Ende hin über konstant lauter wird und zum Schluss schon an der Schmerzgrenze des hörbaren ist. Aber das ist jammern auf hohem Niveau, auch wenn das Pfeifen noch 48 Stunden später nicht verschwunden war.

Grandiose Band, fanatische Songs, exzellent dargeboten. Perfekter Abend.

Alle Fotos: Jürgen Tschamler