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PAYNE´S GRAY (Part II – Welcome to the Crystal Palace)

Interview mit Hagen Schmidt


Kennt Ihr ´Kadath Decoded`? Ist Euch PAYNE´S GRAY noch ein Begriff?

Hier folgt Part II unseres History-Interviews mit Hagen Schmidt (Part I siehe hier):


Welcome to the Crystal Palace

Sind zu Zeiten des zweiten Demos schon Live-Auftritte zu verzeichnen gewesen?

Von Anfang an, ja. Zunächst in Karlsruhe und Umgebung, dann haben wir festgestellt, dass unser Publikum eher woanders zu finden ist, und fast nur noch Bundesweit, nur noch vereinzelt zuhause.

 

 

Bereits ein Jahr später erschien das ´Infinity´-Demo, ebenfalls auf Tape.

Zunächst haben wir nach ‘ Tyrants…‘ wieder angefangen, Songs zu schreiben, eindeutig härter und vor allem düsterer als bislang. Gefiel mir gut. ´Vita Brevis‘ hieß eins, hatte viel Doom in sich. Dann kam eines Tages Pascal mit einem 17jährigen polnischen Aussiedler an, den er kennengelernt hatte, und der ‚Keyboard‘ spielte. Tomek hieß er und entpuppte sich als ein maßloses musikalisches Talent vom Kaliber eines Rick Wakeman oder Keith Emerson. Also waren wir zu fünft, jammten eine Weile rum, vergaßen alles was wir bislang gemacht hatten und schrieben neue Songs.

Bestand denn aufgrund Eurer persönlichen Vorlieben niemals die Gefahr, dass Ihr Euch in Richtung RIOT, LEATHERWOLF oder TITAN FORCE hättet entwickeln können? Auch keine schlechte Vorstellung …

Ich denke, wie man sich als Band entwickelt, hat immer etwas mit den Vorlieben der einzelnen Beteiligten zu tun: mit Jan teilte ich die Liebe zu Malmsteen, mit Martin waren es RIOT und TITAN FORCE, ich selbst liebte alles von BLACK SABBATH von ´Mob Rules´ aufwärts bis einschließlich der ´Tyr´, das war der Stand der Dinge bis zunächst Bands wie SANCTUARY oder FATES WARNING unser Weltbild veränderten. Als Tomek in die Band kam, brachte er auch für mich bislang fremde Einflüsse mit: von ELP kannte ich nur die ´Bilder einer Ausstellung´, und das hatte mich nicht sonderlich berührt. Tomek spielte mir weitere Sachen vor, und die Möglichkeiten, die ein Keyboarder dieses Kalibers mit sich brachten, waren nicht von der Hand zu weisen.

Gab es zwischendurch weitere Besetzungswechsel?

Oh ja, viele. Pascal hatte gerade sein Abi hinter sich, und ging dann nach Paris um Polit-Wissenschaften zu studieren. Ich habe ihn seitdem nie wieder gesehen. Ein Bekannter fragte, ob wir ihn ersetzen wollten, er wüsste da jemanden, und so kam ein Gitarrist aus Pforzheim dazu, Kai Portolano, ähnlich gut wie Jan, und mit Leichtigkeit dudelten zwei Gitarristen und ein Keyboard-Held vor sich hin…Mit Tomek kam dann auch DREAM THEATER ins Spiel, ich hatte PSYCHOTIC WALTZ entdeckt und plötzlich klangen wir völlig anders. Nolte trommelte sich einen Portnoy bis es ihm langweilig wurde, und dann entschlossen sich Kai und Nolte, gemeinsame Sache zu machen und waren weg. Wir fanden sehr schnell einen neuen Drummer, Axel Baudendistel, zwar nicht so technisch versiert wie Andi, aber willig, und er klemmte sich hinter sein Set und übte.

Buddy & Hagen

Also sind bei Dir PSYCHOTIC WALTZ und bei Tomek DREAM THEATER für Euren weiteren Weg verantwortlich?

Ich würde nicht sagen, dass DREAM THEATER dabei so eine große Rolle gespielt haben. Man kann aber auch nicht abstreiten, dass ´When Dream And Day Unite´ Spuren hinterlassen hat. Martin war ein großer Fan, und Nolte hat sich Portnoy einverleibt. Ich selbst war anfänglich auch beeindruckt, habe aber bald eine Abneigung entwickelt. Ich kenne auch keine DREAM THEATER-Platte nach ´Images And Words´. PSYCHOTIC WALTZ hat aber bei mir einen ähnlichen Nerv getroffen wie seinerzeit ´Mob Rules´. Wenn es zwei Bands gibt, die mein musikalisches Leben verändert haben, dann BLACK SABBATH post Ozzy und PSYCHOTIC WALTZ. … Und KING CRIMSON.

Was fixt Dich so sehr an der Post-Ozzy-BLACK SABBATH-Phase an, obwohl Dir als Doom-Liebhaber die frühe Phase ebenso munden sollte, oder sind es schlicht die Melodien? 

´Mob Rules´ war die erste Schallplatte, die ich mir selbst im Plattenladen gekauft habe. Die Sachen mit Ozzy habe ich dann erst nach ´Live Evil´ angehört und war sehr enttäuscht. Ozzy gefiel mir mit ´Blizzard Of Oz´ bis ´Bark At The Moon´, nicht unbedingt wegen seinem Gesang. Aber BLACK SABBTH mit Dio, Ian Gillan, Tony Martin und sogar Glenn Hughes, die hatten einen Vibe, die haben mich geprägt. Vor allem die epischen Stücke: ´Zero The Hero´, ´Falling Off The Edge Of The World´, ´Seventh Star´, ´The Sabbath Stones´, ´Eternal Idol´… Nach ´Tyr´ hatte ich enorme Erwartungen, als es hieß, Ronnie James Dio singt wieder, und wurde maßlos enttäuscht. ´Dehumanizer´ ist ja nicht mal ansatzweise so gut wie ´Tyr´.  Erst ´The Devil You Know´ von HEAVEN & HELL hat mich ‚versöhnt‘.

 

Infinity

Und dann ging es in ein Studio zu neuen Aufnahmen.

Ja, erstmalig in ein echtes. Zu fünft nahmen wir ´Infinity´ auf:

Jan Schröder – Gitarre + Querflöte
Martin Mannhardt – Bass
Tomek Turek – Keyboards
Axel Baudendistel – Schlagzeug
Hagen Schmidt – Gesang

To End Infinity
Crystal Palace
The Duellists / Unison

´To End Infinity´ basiert textlich auf der Relativität der Zeit, der Refrain bezieht sich auf den weißen Hasen von Alice in Wonderland, der es dauernd eilig hat, auf seine Taschenuhr schaut und sagt: keine Zeit, keine Zeit…

Die erste Zeile habe ich von ELECTRIC LIGHT ORCHESTRA geklaut, das Album ´Time´, Prologue:

Just on the border of your waking mind
There lies another time
Where darkness & light are one
And as you tread the halls of sanity
You feel so glad to be, unable to go beyond
I have a message from another time…
 

Dann später, Yours Truly:
I sent a message to another time,
But as the days unwind,
This I just can’t believe.
I send a note across another plane,
Maybe it’s all a game,
But this I just can’t conceive

Von diesem Album war ich besessen als ich elf Jahre alt war und es hat mich wohl geprägt. Ich liebe es heute noch. ´To End Infinity´ ist mein Lieblingsstück von uns. Erstmalig war ich mit meiner Gesangsleistung zufrieden, Text ist geil, die Musik der Hammer…das war so etwa: Leute, please welcome Tomek Turek on Keys, and hört euch das jetzt mal an!

Die Fotos hängen heute noch an der Pinnwand im ‚House of Audio‘-Studio,
in dem ´Infinity´ aufgenommen wurde

Gut, und dann ´Crystal Palace´: erzählt von einem Unfall beim Schlittschuhlaufen auf einem nicht so ganz gefrorenem See…etwas surreal umschrieben, wieder mit dem Thema vom zweiseitigen Spiegel mit dem Übel auf der anderen Seite. Der Refrain ist jener von ´Face Reality´ vom ersten Demo, den ich hasse, und hier ist er zwar besser, aber….naja, allen außer mir gefällt’s. Sonst, das Keyboard-Riff entstand bei einer Jam-Session auf LEATHERWOLFs ´Princess Of Love´, daher die Ähnlichkeit, und die Strophenmelodie hat möglicherweise etwas von PSYCHOTIC WALTZs ´Another Prophet Song´…

Phänomenale Keyboard-/Gitarren-Duelle und überhaupt, du hast keine Ahnung, wie das für mich war, jeden Tag im Proberaum diese beiden begnadeten Typen sich gegenseitig zu Bestleistungen magischer Art hochschaukeln zu sehen. Ich vermisse das sehr.

´The Duellists´: Für mich unser erstes Doom-Stück, obwohl es nicht langsam ist und äußerst komplex, weiß nicht, aber in meiner Definition von Doom spielt Geschwindigkeit keine Rolle.

Gesanglich mein kläglicher Versuch, John Arch-artiges zu bewerkstelligen, ich meine da nicht den Timbre, sondern das Hoch- und Runterjodeln von aberwitzigen Melodien, du weißt schon, so wie er das halt macht…was soll ich sagen, es kann nur einen geben. Dennoch habe ich hier sehr viel mehr Emotionen in den Gesang einfließen lassen als je zuvor, was später auf ´Kadath:decoded´ zur Norm wurde.

Musikalisch genauso aberwitzig, sehr abgefahren, Axel hat da echt geschwitzt bis er es drauf hatte. Jan gefiel das Stück leider nicht, zu dissonant für seinen Geschmack…Martin dagegen liebt es. Er ist ja auch die WATCHTOWER-Fraktion bei uns.

Der Text basiert wieder auf einen Film, ´Born of Fire´. Es geht da um einen Musiker, der ins tiefste Anatolien reist um seiner Herkunft nachzugehen, und trifft da auf einen dämonischen “Meistermusiker“ der allem Anschein nach mit seiner Zeugung zu tun hatte und es kulminiert in einem musikalischen Duell, dessen harmonischer Ausgang Jan und Tomek mit Querflöte und Klavier in ´Unison‘ nachempfunden haben.

´Unison´ ist natürlich für eine Heavy Metal-Band ein ungewöhnliches Stück, aber es ist sehr schön, und was soll‘s, wenn du zwei derartig begabte Musiker in der Band hast, die sowas können, und ich jedes Mal wenn ich es höre eine Gänsehaut bekomme, dann pfeifst du drauf, ob das auf einem ‚Demo‘ deplatziert ist oder nicht.

Ich finde, wir haben die seltsame Stimmung des Films sehr gut eingefangen.

Auch wenn hier ausnahmsweise ein Film als Ideengeber der Musik fungiert, ist es schon auffallend, dass Ihr als Literatur-Maniacs dabei keinesfalls die gewöhnlichen Fantasy- und Horror-Motive aufgegriffen habt.

Inspiration kommt unverhofft und unangemeldet. Als ich ´Born of Fire´ sah, war ich eben bewegt. Daraus entstand der Text und eben ´The Duellists´.

Einschlägigen Horror à la Steven King ist nicht mein Ding, und Drachentöter-Fantasy hatten wir ja früher schon…

 

Underground Empire-Interview, www.underground-empire.com

Heavy oder was…!?-Interview

Die FATES WARNING-, aber auch die WATCHTOWER-Fraktion hätte sich bei Euch aber noch mehr in den Vordergrund drängen dürfen, in der Zeit zwischen ´ Infinity´ und ´Kadath:decoded´.

Bei ´Infinity´ finde ich die „Fraktionen“ eigentlich gut ausgeglichen. Sagen wir mal so: Zum einen hat sich ab dann das Gefrickel an den Instrumenten auf ein anderes Niveau begeben, andererseits ist die Musik auch viel stimmungsvoller und emotionaler geworden. Quasi einerseits im WATCHTOWER-/ DREAM THEATER-Topf, und andererseits in der FATES WARNING-/ PSYCHOTIC WALTZ-Schüssel gerührt.

Bei ´Kadath´ finde ich die Mischung noch besser ausgewogen, grundsätzlich bestimmt die Stimmung den Ton, und wird komplex umgesetzt. Und Jan hatte immer noch ’seinen‘ Spielplatz mit ´Riding The Shantak´ oder dem Instrumentalpart von ´Nyarlathoteps Reception´.

Hagen

Und wie lang verbrachtet Ihr Eure kostbare Zeit im Studio?

Zwei Wochen mit Mix. Das Studio hieß ‘House of Audio‘ und wurde später von Dennis Ward übernommen, der da viele bekanntere Hardrock-Alben produziert hat.

Das Teil auf CD herauszubringen, fiel Euch jedoch erst viel später ein?

Ja. Auch hier hatten wir überhaupt nicht daran gedacht, es auf CD zu veröffentlichen. War ja ein Demo und das machte man immer noch auf Tape. Erst nach ´Kadath:decoded´, als wir das Stück ´The Peak‘ für einen Sampler, der nie erschien, aufgenommen hatten und wir uns überlegten, was wir mit dem Song anfangen sollen, haben wir ´Infinity´ neu gemastert und mitsamt ´The Peak´ veröffentlicht. Das Tape war schon lange vergriffen, und im Gegensatz zu den vorigen Demos, fanden wir ´Infinity´ zu gut, um es vergessen zu lassen. Für mich das erste wahre PAYNE´S GRAY (Mini-) Album.

Welches der vier Songs hier hatte keinen Bezug zu H.P. Lovecraft?

Alle hatten keinen ..smile.. – ´Duellists´ ist wenn du so willst Lovecraftesque. Vielleicht.

Kann ich eigentlich auch Klassik- und Jazz-Einflüsse aus der Musik heraushören?

Jazz glaube ich nicht… Klassik auf jeden Fall, ist ja offensichtlich. Beide – Jan und Tomek – sind klassisch ausgebildet, gelernte Musiker sozusagen, das hört man auch.

Welche Erfahrungen hinterließ das Jahr?

Wir haben dann die Tapes an die ganze Journaille geschickt und es prasselten die Mega-Reviews auf uns ein…“Demo des Monats“ hier und “Demo des Monats“ da, wir fühlten uns wie die Könige.

 

Metal Hammer

 

Aardshok Holland

 

Heavy oder was…!?

 

Rock Hard, mit den Demos – Achtung:
von PREMONITION, KINGSBANE und
natürlich auch PAYNE´S GRAY

Flash Magazine, Italien

 

Underground Scene Report, Holland

 

 

 

 

Nur…es wäre ja alles zu schön gewesen…wir organisieren den ersten Gig in der Besetzung… die Premiere für Axel und Tomek…Termin steht, und Tomek schaut komisch…er meint, er könne nicht mehr mitmachen, er wolle sich auf sein Musikstudium konzentrieren. Und lässt sich nicht mal überreden, den einen Gig zu spielen.

Also: was sollen wir machen? Rick Wakeman anrufen? Wer hat seine Telefonnummer? Guuut, dann haben wir eben für den Gig den ganzen Keyboard-lastigen Kram umarrangiert. Und den Gig gespielt. Ohne Keyboarder. Auch keine Samples oder so was, wussten ja gar nicht, dass es sowas gibt. Hut ab vor Jan, der hat das abgefahrenste Zeug auf der Gitarre gespielt, das ich je gehört habe. Das Publikum hat geguckt wie der Ochs vorm Berg. Ich ärgere mich sehr, dass der Gig nicht aufgenommen wurde. Völlig einmalig.

Als wir das dann hinter uns hatten und im Proberaum saßen, verkündet uns Axel, dass er auch aufhört.

Wir hatten gerade das beste Demo veröffentlicht, saßen frustriert im Proberaum und waren schlichtweg nur noch zu dritt. Jan klimperte lustlos auf seiner Gitarre rum, nix ging mehr.

 

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