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HELGI JONSSON – Vængjatak

2017 (Finest Gramophon) – Stil: Celestial Pop


Wer eher die Boulevard-Presse als das Gelbe Seiten-Portal durchstöbert, der dürfte das Musikerehepaar Tina ‚Dico‘ Dickow und Helgi Jonsson bereits kennen. Beide sind in der Singer-/Songwriter-Szene nicht ganz unbekannt. Sie ist Dänin, er Isländer. Gemeinsam wohnen sie mit zwei Kindern in ihrem Haus in Island. Doch Helgi Jonsson war zuletzt eher nur als Begleiter seiner Ehefrau unterwegs, auf Tour, als Produzent und Komponist. Außerdem arbeitete er zu einigen Aufführungen an der Berliner Schaubühne und dem Frankfurter Theater die Musik aus. Und eben dort lief er täglich an einem Geschäft vorbei, in dessen Schaufester ein Flügel von „Steinway“ stand. Helgi Jonsson verliebte sich so sehr in das Instrument, dass er es mit in die Heimat nahm und darauf seine Stücke komponierte. Auf ´Vængjatak´, einer EP mit sechs brandneuen Songs, stellt er diese vor.

Im Gegensatz zu seinem etwas länger zurückliegenden Werk ´Big Spring´ aus 2011, auf dem er neben der Gitarre mit Bläsern und Streichern nicht geizte, verlässt sich Helgi Jonsson diesmal ganz auf sein „Steinway Model B“, auf die Klangwirkung der Tasten und zweifellos auf seine Stimme. Dennoch betritt er keine neuen Räume, die er mit Kammermusik ausfüllt. Allein die Stimme und etwas Hall unterlegtes Background-Summen genügen, um ein ´Slow´ in aller Melancholie strahlen zu lassen. In ´Falconer´ und ´What Now?´ bewegt er sich dennoch extrem in den hohen Stimmlagen eines Thom Yorke, geradezu theatralisch und Rufus Wainwright Konkurrenz machend in ´This Solicitude´. Viel näher als in ´What Now?´ kann sich jedenfalls niemand an ruhige RADIOHEAD heranpirschen und spätestens das isländisch gesungene ´Vængjatak´ weckt Erinnerungen an SIGUR RÓS. So schließt sich auch musikalisch der Kreis zwischen den Welten und rückt mit jedem Flügelschlag („Vængjatak“) enger zueinander.

(8 Punkte)

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