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PÁRODOS – Catharsis

 2017 (Inverse Records) – Stil: Blackened Progressive Metal


Das Laub hat schon kräftig Farbe angenommen, die Tage werden kürzer, dunkler und öfter mal auch ungemütlich nasskalt, eine stillere Jahreszeit bricht an, in der man sich wieder mehr ins Private zurückzieht, auf seine Innenwelt konzentriert und insgesamt ruhiger wird. Zu dieser Stimmung passt ganz hervorragend der Erstling von PÀRODOS, transportiert er doch genau diese bittersüße Stimmung von Abschied und Sammlung der Kräfte für einen Neubeginn – irgendwann, im neuen Jahr…

„Introducing the human tragedy…“ ist die Losung des 2015 in Salerno gegründeten Quintetts, und sie gehen bei ihrem Einstand den harten Weg mit einer, wie bereits der Name erahnen lässt, philosophischen Reise durch Sterben, Tod, Karma und Wiedergeburt. Und das tun sie mit viel Herzblut. Es kann sogar vermutet werden, dass hier ein großer persönlicher Verlust verarbeitet werden muss, es kommen Gefühle von Melancholie, Trauer, Verzweiflung, aber auch Sehnsucht und Hoffnung auf. Aber keine Sorge, dies alles ist wunderbar verpackt in anspruchsvolle, trotzdem stets eingängige, mitreißende Lieder, die trösten, einlullen, aber auch aufrütteln – und vor allem musikalisch begeistern. Die scheinbar unendliche Vielfalt der Arrangements und Songstrukturen, der stete Wechsel zwischen melodisch-verspielten und treibend-harten Passagen lassen jeden Liebhaber dunkler progressiver Klänge nur so mit der Zunge schnalzen. Kein Song gleicht den anderen in Stimmung, Aufbau und Dynamik, und die Spannung lässt über die gesamte Spielzeit nie nach.

Schon ´Space Omega‘ macht deutlich: wiewohl Newcomer, sind hier sehr begabte Musiker am Werk. Das Rhythmusduo Okeanos und Orion am Bass schafft es, ein gleichzeitig beeindruckend exaktes als auch groovendes Fundament unter die Vielzahl der Songideen zu legen. Okeanos‘ sehr crisper Drumsound bringt den Hörer auf die Spur, zu entdecken wie bestechend diese Scheibe voller Gegensätze abgemischt ist.

Leads und Soli teilen sich Gitarrist Oudeis und Keyboarder Hybris untereinander auf. Es ist teilweise kaum zu glauben, dass hier mit nur einer Gitarre ein wahres Feuerwerk an Dynamik und Melodie abgefeuert wird, Oudeis beherrscht die harten Riffs, das Rhythmusgerüst wie auch die sanften Klänge souverän. Hybris kommt bei dieser Quadratur des Kreises die undankbarste und schwierigste Aufgabe zu, und während die Synthieparts das Gesamtbild stets unterstützen und bereichern, würde man sich bei den oft sehr herausstechenden Keyboards doch gelegentlich etwas mehr Zurücknahme wünschen, denn episch ist diese Musik schon aus sich heraus.

Ein absolutes Highlight der Platte ist jedoch Sänger M. – ich hätte nie gedacht, dass ein und dieselbe Person so unmittelbar zwischen wölfischem Fauchen und Klargesang wechseln kann (sehr stark im ANATHEMAesken ´Black Cross‘!), denn letzterer muss den Vergleich mit Alder oder auch Arch keineswegs scheuen. Und da sind wir auch schon bei einem der großen Einflüsse der Süditaliener angekommen. Die Band bezieht sich selbst, was ihre Einflüsse betrifft, vor allem auf folk-beeinflusste, progressive Blackgaze- und Post-Rock-Bands wie FEN, NEGURA BUNGET; AGALLOCH sowie ALCEST/LANTLOS/LES DISCRETS, hat aber zuvor schon ausgiebig am Nektar der beiden großen Namen des progressiven Metal genascht. FATES WARNING wie auch DREAM THEATER finden sich – niemals kopiert, sondern ganz sich eigen gemacht – immer wieder im schillernden musikalischen Kosmos des Fünfers (´Metamorphosis‘). Aus dem Kreis der vorgenannten jüngeren Bands sind FEN wohl die größten Vorbilder was Arrangements und Klangbild betrifft, jedoch in ein leidenschaftlich südeuropäisches Gewand gekleidet (´Evocazione‘). Auch NE OBLIVISCARIS soll und kann durchaus zu den Inspirationen gezählt werden.

PÁRODOS ist eine sehr stimmungsvolle Platte gelungen, die Italiener bringen eine Menge lichtvolle Kraft in die Dunkelheit, sind jedoch vor allem auch Meister der leisen Töne. Der perfekte Begleiter für einen ruhigen Abend vorm Kamin.

(7,5 erwartungsvolle Punkte)

www.parodosmusic.comhttps//soundcloud.com/parodosmusic