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CARONTE – Yoni

2017 (Ván Records/Soulfood) – Stil: Shamanic Doom/Occult Stoner


Hell Yes! Was sich live bereits abzeichnete, ist mit dem nun vorliegenden Album wahr geworden – die Gebrüder Bones haben nochmal einen riesigen Ausfallschritt nach vorne gemacht und präsentieren sich auf ‚Yoni‘ spielfreudiger und vielfältiger denn je, ohne dabei auf irgendeines ihrer bekannten Trademarks zu verzichten. Bei der dritten Langrille hat sich die Band aus Parma in jeglicher Hinsicht nochmals steigern können – die Songs sind deutlich druckvoller, oft auch schneller, gehen mehr nach vorne, spielen dabei jedoch stets mit Tempo und Stimmung, entspannt-verzögerten Parts und hochenergetischen Rhythmen – alles erhält zu seiner Zeit sein notwendiges Gewicht. Die Stücke sind insgesamt variantenreicher und packender arrangiert, stets wird ein mächtiger, nie abreißender Spannungsbogen aufgebaut, dessen Kraft auch eines der Hauptmerkmale der gesamten LP ist.

Ein Beispiel hierfür ist gleich der Einsteiger: ‚Abraxas‘ entwickelt einen regelrechten Sog in die Platte hinein, stampft auf einem bluesig-heavy Riff voran in die Gehörgänge, setzt seine Widerhaken dort dann jedoch mit einem fast meditativ-mystischen, in den musikalischen Mitteln ganz reduzierten Gitarren- und Gesangs-Solopart, um danach nochmal regelrecht zu explodieren und einen am Ende atemlos und glücklich zurückzulassen – ganz dem Albumtitel entsprechend: Musikgenuß als sinnliche Erfahrung. ‚Promethean Cult‘ bringt uns dagegen die gewohnten Indianerflötentöne bei, gleichzeitig jedoch die heruntergestimmte Düsternis zurück und macht deutlich, dass ein gelungener Doom-Song nicht viel mehr als die ständige Wiederholung und Abwandlung eines guten Riffs braucht. Der Weg führt CARONTE diesmal, was das Genre betrifft, ganz back to the roots, an SAINT VITUS & Konsorten vorbei zu den Gottvätern BLACK SABBATH.

Jedes Bandmitglied hat seine Möglichkeiten nochmal deutlich erweitert. Dorian croont sich in gewohnter DANZIG-Manier durch die Stücke, bringt diesmal jedoch mit diversen Effekten, Chor- und Sprechgesang (genialer Dialog mit der Gitarre beim QUEENS OF THE STONE AGE-artigen Groover ‚Extasy Of Hekate‘!) Abwechslung ins Spiel, um das Ganze schliesslich sogar mit Kehlkopflauten (‚Shamanic Meditation of The Bright Star‘ und dem unglaublichen Heavyness-Lehrstück ‚ V.I.T.R.I.O.L‘) zu krönen. Stand Henrys variabel-fetter Bass beim Vorgänger ‚Church Of Shamanic Goetia‘ (siehe hier) selbst für eine Doom-Band noch sehr stark im Vordergrund, hat sich jetzt das Gleichgewicht zugunsten der Gitarre verschoben, was den sieben Songs deutlich mehr Griff und Spritzigkeit verlieht, ohne auf den gewohnten Mördergroove verzichten zu müssen. Entsprechend ist bei Gitarrist Tony Bones die Weiterentwicklung am deutlichsten zu hören, seine Licks und Soli sind diesmal die I-Tüpfelchen auf den Kompositionen. Das kraftvoll-präzise, perkussiv tribal-artige Drumming von Mike De Chirico läßt wie immer keine Wünsche offen, doch ist auch hier ein neuer Schub an neuer Inspiration deutlich zu spüren. Insgesamt ist die Band, sei es durch die regelmäßigen gemeinsamen schamanischen Rituale oder auch die ausführliche Live-Erfahrung, noch weiter zur Einheit gewachsen und hat einen gemeinsamen Willen entwickelt, aus dem sie Fokus und Gelassenheit schöpft. Eine glasklar definierte Produktion verstärkt diesen Eindruck nur noch mehr; mit dieser Platte sollten die Crowley-Jünger endlich auch international an Sichtbarkeit gewinnen.

Nach sieben Songs sind knapp 50 Minuten wie im Flug vergangen, und die berauschende Reise ist leider bereits zu Ende. Damit ist gleichzeitig die erste, auf traditionellem Schamanismus und der Thelema basierende Trilogie der Band vollendet, und wir gespannt, welche Ohrenschmeichler uns aus Parma zukünftig beschert werden. Live beehren die Fährleute über den Totenfluß Deutschland Ende Oktober in einem exqusiten Ván-Package mit KING DUDE, THE RUINS OF BEVERAST und (DOLCH), das sich kein echter Jünger der Verdammnis entgehen lassen darf.

Für diese exqusite italienische Interpretation einer magisch-triebhaften Fahrt zur Hölle kann es nur eines geben: 9 Punkte