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DEEP PURPLE – inFinite

~ 2017 (earMusic) – Stil: Hardrock ~


In zwölf Monaten werden 50 Jahre ins Land gezogen sein, seit sich die Hardrock-Gründungsväter DEEP PURPLE im April 1968 zusammen fanden. Allein mit dem letzten verbliebenen Urmitglied, mit Schlagzeuger Ian Paice, noch aktiv, befindet sich das Quintett eigentlich bereits seit dem Beitritt von Saitenvirtuose Steve Morse in einem dauerhaft fortwährenden Frühling. Und so lebt auch das sagenhafterweise 20. Werk namens ´InFinite´ von der Spielfreude und der in der Band herrschenden euphorischen Stimmung, von der zwei bis drei Generationen jüngere Combos nur schwärmen können. Dass dieses Werk ihr letztes Album sein könnte, liegt im Bereich des Möglichen; nicht unendlich und somit wohl eher endlich dürfte dagegen ihre anstehende letzte Welttournee sein. Ging es einst nur um heiße Bräute und schnelle Schlitten, ist das endlose Leben on Tour für Herrschaften um die 70 längst nicht mehr als überschwänglich ausgelassener Gruppenausflug zu begreifen.

In einem Studio der Country-Hochburg Nashville hat es Produzent Bob Ezrin zumindest abermals geschafft, die zehn jungen Songideen in ihrer knackig frühen Phase lebendig einzufangen und aufzunehmen. Und diese Kompositionen präsentieren sich wie ein nochmals zu durchlaufender musikalischer Zyklus. Mit dem Opener ´Time For Bedlam´ durchbricht die Band wie der Eisbrecher auf dem Cover-Artwork uneinnehmbare Wege, gibt sich eingangs und zum Ende des Songs mit Synthesizern und einer elektronisch verzerrten Stimme zeitgemäß, rockt dann aber dermaßen kraftvoll, bereits hier mit knalligen Gitarren- und Keyboard-Soli, wie es nur DEEP PURPLE vermögen, das Haus. Den finalen Ausklang des Albums bildet letztlich geradezu passend eine würdige Version des THE DOORS-Klassikers ´Roadhouse Blues´ aus 1970, mit Ian Gillan an der Mundharmonika. Wie ein sanfter, aber klarer Blick zurück auf die Straße, auf den Beginn des Rock, auf den Blues.

Dazwischen krachen das mit seinem höllischen LED ZEPPELIN-Feeling aufhorchen lassende ´Hip Boots´ und ´Get Me Outta Here´, mit entzückendem Paice-Shuffle und tatsächlich sogar einem Ian Gillan-Schrei, aus der Vinyl-Rille. Ein Freudengrinsen zaubern die hüpfenden Hangover-Klavieranschläge von Don Airey sowie das Solo von Steve Morse in ´One Night In Vegas´ ins Gesicht, und hoffentlich bei seiner Arthrose in den Fingern auch ihm selbst. Als vollends erstklassig ist selbstredend ´All I Got Is You´ zu betiteln, insbesondere aufgrund der flehenden Gitarrenklänge. Zu den hinteren Höhepunkten dürfen ´On Top Of The World´, mit einer Story aus Ian Gillans Biografie, das magisch fiebrige ´The Surprising´ sowie das geradezu epische, von RUSH-Keys getupfte ´Birds Of Prey´, neuerlich mit einem brillanten Steve Morse, gezählt werden. Dagegen kann ´Johnny´s Band´ und sein durchgehender Viervierteltakt unserer geliebten Rhythmus-Abteilung aus Roger Glover und Ian Paice eher als lockere Nummer durchgewinkt werden.

Den Zahn, erneut in der langen Bandgeschichte einen Übersong wie ´Smoke On The Water´ zu schreiben, hat Bob Ezrin der Band schon vor vier Jahren bei der Produktion zu ´Now What?!´ gezogen; und ein Meilenstein wie ´Machine Head´ dürfte in der heutigen Musiklandschaft ebenfalls nicht unbedingt Rauchschwaden aufziehend explodieren. Daher zählen allein die Songs, jeder einzeln für sich, und mit ´Time For Bedlam´, ´All I Got Is You´, ´The Surprising´ und ´Birds Of Prey´ sollten die Rohdiamanten von ´InFinite´ unbedingt nochmals ihre Erwähnung finden.

(8 Punkte)

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