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LOREENA MC KENNITT – An Ancient Muse

~ 2006/2016 (Quinlan Road/Edel) – Stil: Celtic Folk ~


Neben ´Parallel Dreams´ und ´The Mask And Mirror´ veröffentlicht LOREENA MC KENNITT aktuell auch ihr siebtes Album ´An Ancient Muse´ auf Vinyl (weltweit 10.000 Stück, 180g schwarz und mit einem Booklet in LP-Größe).

Nach einer neunjährigen Studiopause wurde die Kanadierin für das ursprünglich 2006 veröffentlichte Werk von ihren Reisen durch den Mittleren Osten, Griechenland und die Türkei inspiriert. Ihre höchst eigenständige World Celtic Popmusic strahlte zwar seit ´The Visit´ bereits in ihrem vollen Glanze, doch da schöpferischer Stillstand den künstlerischen Tod bedeutet, kamen erstmals vermehrt orientalische Einflüsse hinzu, die von allerlei Instrumentarium der Kelten, des Mittelmeerraumes und Mittleren Ostens – u. a Schlüsselfiedel, irischer Dudelsack, Drehleier, Kastenzither, Bouzouki sowie Lyra – hörbar dargeboten werden.

Die Musik entspringt trotz unterschiedlicher Einflüsse einem langsam fließenden Fluss. Selten gelang es der Künstlerin, solch ein ausgewogenes und harmonisches Werk zu kreieren, selten mit solch interessanten Themen. Zweifellos handeln diese vom Leben und der Liebe, von Heimat, der eigenen Identität, den Wanderungen der Völker und der daraus resultierenden Evolution unserer Kulturen. So nimmt uns Loreena McKennitt auf ihre Reisen durch längst vergangene Epochen mit, auf den Spuren der geliebten Kelten. Denn tatsächlich gibt es Anzeichen, dass die Vorfahren der Kelten nicht nur in Ephesos, in Kleinasien, auf der griechischen Insel Chios, im Nordkaukasus oder in Jordanien anzutreffen waren, sondern ebenfalls in der Mongolei und im Nordwesten Chinas.

Die Einführung in diese Wanderung erfolgt mit dem Instrumentalstück ´Incantation´, einer musikalischen Umsetzung des erfolglosen Angriffs der Kelten im Jahr 279 v. Chr. zur Besitzergreifung des Orakels von Delphi. In ´The Gates Of Istanbul´ zieht sie Parallelen zwischen dem Istanbul des 15. Jahrhunderts, dem Spanien eben dieser Zeit und dem Aufbruch in eine Moderne Welt im Vergleich zum Irak-Krieg und seiner in 2006 währenden Besetzung. Der Anblick der riesigen Unterkunftsquartiere und Handelsknotenpunkte für Reisende im Mittleren Osten inspirierte sie zu ´Caravanserai´. Dabei versucht sie Gemeinsamkeiten zu den Kelten in Bezug zur Heimat sowie Natur und dem Nomadentrieb zu ergründen. ´Penelope’s Song´ ist hingegen von Homers Odyssey geprägt.

Natürlich behandelt ´The English Ladye And The Knight´ mit den Lyrics von Sir Walter Scott (1771-1832), einem schottischen Dichter und Schriftsteller sowie meistgelesener Autor seiner Zeit, danach das immerwährende Thema der Liebe und des Krieges. Bevor uns Loreena McKennitt aber mit ´Never-Ending Road (Amhrán Duit)´ auf die nie abreißende Reise von Leben und Wiedergeburt schickt, erklingen zwischendurch zwei Instrumentalstücke und mit ´Beneath A Phrygian Sky´ noch ein wahrhaft episches, fast zehnminütiges Stück. Es wirft letztlich die Frage auf, was wir aus der Geschichte lernen können? Glücklich ist jedoch allein derjenige, der sich mit der Antwort des britischen Staatsmanns und Philosophen Edmund Burke (1729-1797) zufrieden gibt: „Alles, was nötig ist, damit das Schlechte in der Welt gewinnt, sind genügend gute Menschen, die nichts tun.“

(8,5 Punkte)

www.loreenamckennitt.com