Redebedarf

MANUEL SCHMID

Interview


Manuel Schmid, seit vier Jahren Sänger der STERN-COMBO MEISSEN hat aktuell sein zweites Soloalbum ´Seelenparadies´ herausgebracht, das mit seinem Pop goes Artrock einen Seltenheitswert in der heutigen Musiklandschaft darstellt.

In unserem Interview konnten wir einiges über den Musiker als auch den Menschen Manuel Schmid erfahren. 


Manuel, erst einmal herzlichen Glückwunsch zum neuen Album. Ich hoffe, die Mühen haben sich gelohnt und Du erfreust Dich ebenso an Deinem zweiten Solo-Album wie ich persönlich. Oder hast Du bereits Dinge gefunden – wie so manch anderer Künstler – die Du jetzt bereits anders machen würdest?

Vielen Dank. Ich freue mich, dass es Dir gefällt. Als Kunstschaffender geht man ja immer sehr akribisch an die eigenen Sachen ran. Ich denke, ich kann mir das Album auch noch in 20 Jahren anhören. Beim Vorgänger bin ich da schon kritischer…

Worin siehst Du denn den Unterschied zum sechs Jahre alten Vorgänger, außer dass Du älter geworden bist?

Die musikalische Struktur innerhalb der Songs ist stimmiger. Bei der ersten Platte habe ich die Songs so aufgenommen, wie sie meinem damaligen Gestus entsprachen und ich sie live interpretiert habe. Viele überladene Soli und Tempi sind dabei heraus gekommen. Ich wollte halt zeigen, was ich musikalisch kann …(lacht)…

War es bei dem Album ´Seelenparadies´ folglich schwieriger, die Musik zu komponieren oder sie wie gewünscht aufzunehmen?

Musik künstlerisch anspruchsvoll zu machen ist immer ein schwieriger Prozess. Man experimentiert mit vielen Dingen herum, die sich einem so bieten. Das Studio kann eine wunderbare Quelle für neue Innovationen sein. Viele Dinge ergeben sich beim eigentlichen Aufnahmeprozess. Man sollte aber schon beim Komponieren eine ungefähre Vorstellung davon haben, wie ein Stück später mal klingen soll.

Da Dein letztes Solo-Album aus 2009 stammt, gehe ich davon aus, dass Du einige Songs auf Halde hattest?

Viele Songs haben sich im Laufe der Jahre angesammelt. ´Glaube mir´ z.B. ist sehr alt. Der Song stammt aus dem Jahre 2006. Alle anderen sind in den letzten fünf Jahren entstanden.

Wie lange hast Du denn effektiv bis zur Fertigstellung gearbeitet?

Mit einigen Unterbrechungen vier Jahre.

Wie würdest Du selbst den Stil umschreiben?

Im aktuellen Pressetext steht “… zwischen deutschem Pop und pathetischem Artrock…“. Das trifft es ganz gut.

Siehst Du Dich mit `Seelenparadies´ in Deinem Sound angekommen oder welche Entwicklung schwebt Dir noch vor?

´Seelenparadies´ zeigt ja viele musikalische Seiten von mir. Auf jeden Fall vereint es alle Stile, in denen ich mich zu Hause fühle.

Bist Du eigentlich der geborene Sänger oder hast Du mit einem Instrument die Liebe zur Musik entdeckt?

Mit sieben Jahren habe ich angefangen Keyboard zu spielen. Habe aber auch seit ich denken kann immer schon gesungen. Für mich geht das Hand in Hand.

Manuel und sein Bruder

Wie kam es zu dem Titel und was verbindest Du mit dem Namen ´Seelenpaardies´?

Die Songs beschreiben meine Emotionen und Gefühlslagen. Ich lass da schon ganz schön die „Hosen runter“. Ich habe auch immer die Erfahrung gemacht, dass die Zuschauer dann am euphorischsten reagieren, wenn Du am Ehrlichsten bist!

Einige Texte sind von Andreas Hähle und von Kurt Demmler, wie kam es dazu?

Kurt Demmler hat ja schon für das erste Album getextet und ich hatte da noch etwas in der Schublade. Andreas Hähle kenne ich durch Reinhard Fißler (ehemaliger Sänger von STERN-COMBO MEISSEN). Seine Ideen fand ich sehr inspirierend.

Was verbindet Dich mit Kurt Demmler, der nicht unbedingt Deiner Generation seine Lieder geschenkt hat?

Die Art wie er textet. Das ist eine ganz spezielle Herangehensweise, mit unserer doch sehr sperrigen Sprache lyrisch und fast schon romantisch umzugehen.

Und wer ist „knubru“?

Knubru ist ein befreundeter Musiker, der mir öfter Textideen zukommen lässt, aus denen ich dann eigene Texte kreiere.

Wunderbar ist natürlich der Text von ´Paradies´, der uns vor Augen hält, dass uns die Suche nach dem Paradies vom Leben abhält. Hast Du die Suche aufgegeben oder Dein Paradies bereits gefunden? Oder finden wir – dem Text nach – das Paradies in uns selbst?

Das „Paradies“ definiert jeder anders und immer für sich selbst. Es hängt von vielen Faktoren ab und muss auch nicht immer zwangsläufig gut sein. Wichtig ist, mit sich „ins Reine“ zu kommen.

Ist es gar die Seele?

Natürlich. Der psychologische Vorgang und Ausdruck definiert sich nun mal über die Seele.

Aber das Paradies wird noch öfters erwähnt, z.B. in ´Hüte deinen Traum´. Hier wird einem ja fast das Paradies versprochen, oder?

Ja, stimmt. Es ist ein bisschen ´Zeigefinger´-Musik …(lacht)…. Der Song richtet sich an die Verräter unserer „Ellenbogengesellschaft“ und soll ausdrücken, dass wir versuchen sollten, so gut es geht, aufrichtig und ehrlich miteinander umzugehen und zu handeln. Nur so haben wir eine Chance, ein einigermaßen gutes Miteinander zu führen.

Sollen wir Dir in `Glaube mir´ ins „Abenteuerland“ folgen oder geht es auch um den Glauben an sich, an etwas Höheres?

Der Song beschreibt die tiefe Zuneigung zu einem Menschen. Er beschreibt wahre Liebe. Das größte Gut auf Erden.

Die Liebe steht tatsächlich öfters im Mittelpunkt, aber eher in trauriger Art und Weise wie in ´Liebe´. Geht der Song auf ein vergebenes Liebesglück zurück?

Der Song ´Liebe´ beschreibt ja das Thema auf ganz klare Art und Weise. Ich denke jeder, der dieses Gefühl schon einmal hatte, kann das nachempfinden. Die Songs ´Glaube mir´, ´Liebe´ und ´Vorbei´ sind tatsächlich nachempfundene Liebes- und Lebensgeschichten. Bei ´Vorbei´ bekomme selbst ich immer noch Gänsehaut, obwohl es meine eigene Geschichte beschreibt. Der Song ist auch in einer Trennungszeit aufgenommen worden.

Ruft dieser Schmerz unerfüllter Liebe diese leichte Melancholie hervor, so dass die Musik glücklicherweise niemals allzu fröhlich wird?

Als ich das Album fertig gestellt habe, habe ich mich das oft gefragt. Es ist in seiner Grundstimmung her sehr melancholisch. Aber in der Melancholie habe ich mich immer am wohlsten gefühlt …(lacht)…Es beschreibt ja ein Lebensgefühl und das finde ich wunderbar. In Form von Musik kann man so ehrlich sein …(lacht)…

Wie entstand die wunderbare Hommage an den ehemaligen STERN-COMBO MEISSEN-Sänger Reinhard Fißler?

Den Song hatte Marek (Arnold, mein musikalischer Kreativpartner) bereits für das erste CYRIL-Album verwendet. Und irgendwie hatte der mich immer gefesselt. Musikalisch beschreibt er mein freundschaftliches Verhältnis zu Reinhard am eindrucksvollsten. Und deshalb musste ich ihn unbedingt auf das Album nehmen. Eigentlich wollte ich, dass Reinhard dafür einen Text macht, was leider nicht mehr zustande gekommen ist, da er im Februar 2016 verstarb. Zusammen mit Andreas Hähle und Dirk Zöllner habe ich dann einen eigenen Text darauf geschrieben.

Der Song könnte in Zukunft auch in das Live-Repertoire der STERN-COMBO MEISSEN eingehen. Hast Du die Idee mal vorgebracht?

Nein, bisher noch nicht.

Wie fühlt es sich überhaupt an, als junger Musiker bei einer Legende wie STERN-COMBO MEISSEN zu singen?

Es ist eine sehr große Ehre, da mitwirken zu dürfen. STERN hat ja ostdeutsche Musikgeschichte geschrieben und es ist schon ein tolles Gefühl da auch ein Stück mit beitragen zu können.

Kannst Du Dich noch erinnern, wann Du das erste Mal mit den Songs der STERN-COMBO MEISSEN in Berührung gekommen bist?

Ja, mit sieben Jahren.

Und dann standst Du damals vor dem Spiegel und hast zur Musik mitgesungen?

Nein, das war dann so, als ich mich auf die erste Probe vorbereitet habe …(lacht)…

Vor allem liebe ich persönlich den Song ´Der Kampf um den Südpol´. Verrätst Du uns Deine Lieblingssongs der STERN-COMBO MEISSEN?

Sehr gefesselt hat mich immer ´Die Erkenntnis´ aus dem ´Weißen Gold´. Aber auch ´Was soll aus mir werden´, ´Das Paar´ oder der ´Südpol´ sind absolute Evergreens für mich.

Zwanzig Jahre später bist Du dann plötzlich der „neue“ Sänger geworden. Ein unheimliches Gefühl?

Ja, komisch irgendwie das jetzt singen zu dürfen…

Wie aktiv ist die COMBO überhaupt heutzutage, Live-Konzerte dürften die größte Aktivität sein?

Wir sind ja wieder zum ursprünglichen Artrock-Konzept zurückgekehrt. Das räumt uns auf jeden Fall eine Sonderstellung in der deutschen Musiklandschaft und bei den Leuten ein. Auch neue Stücke (´Kein einziges Wort´) und Werke (´Bilder einer Ausstellung´) haben wir im Programm.

Besteht eigentlich heutzutage, außer zu Live-Konzerten, eine echte Nachfrage nach der COMBO?

In der kommerziellen Medienlandschaft mit ihren ´Tri-Tra-Trullala´ leider nicht. In 95 % der Fälle dient die Musik nur noch der Selbstdarstellung und dem ausschließlichen Geldverdienen!

Arbeitet Ihr an neuem Material?

Ja, ein neues Album ist in Planung.

Das letzte Album ´Lebensuhr´ entsprach ja beispielsweise für Marek Arnold nicht unbedingt dem Anspruch, die Band in Artrock-Gefilde zurückzuführen, und führte dann letztlich auch zum Ausstieg einiger Bandmitglieder (siehe Interview hier). Denkst Du, die COMBO kann ihren alten Alben mit einem neuen Album nochmals rein musikalisch gesehen wieder gerecht werden?

Die musikalische Ausrichtung war zu diesem Zeitpunkt nicht klar definiert. Wobei man aber auch anerkennen muss, dass wirklich interessante Sachen auf dem Album gewesen sind, die leider zu wenig Beachtung gefunden haben. Zukünftige Sachen werden da sicherlich konkreter sein. Mit ´Bilder einer Ausstellung´ haben wir schon ein klares Trademark gesetzt.

Wie singt es sich eigentlich mit Deinem Vorgänger bei STERN-COMBO MEISSEN in CYRIL? Interessant ist, dass Ihr jetzt mit zwei männlichen Gesangsstimmen die Songs begleitet – recht ungewöhnlich?

Gesanglich kommen wir uns nicht in die Quere, da die Stimmfarben komplett verschieden sind. Das schafft auf jeden Fall Abwechslung und eine interessante Komponente.

In 2015 warst Du mit dem Tour-Programm „Lieder aus einer längst vergangenen Zeit“ unterwegs. Verrate uns, welche Songzusammenstellung alle Menschen verpasst haben, die nicht vor Ort waren?

Dieses Programm beinhaltet Songs von LIFT, STERN-COMBO MEISSEN, Veronika Fischer, Franz Bartzsch, KARAT, ELECTRA usw. Diese kombiniere ich innerhalb dessen mit meinen eigenen. Das funktioniert wunderbar, da meine Musik in eine ähnliche Richtung geht. In Kleinbesetzung präsentiere ich das Ganze. Die komplexen Arrangements, nur allein auf Klavier und Percussion beschränkt, zeigen, was für tolle Kompositionen diese Leute damals gemacht haben. Beim Konzert in Gera habe ich allein zwei (!!!) Stunden nur Zugaben gespielt.

Hast Du zum neuen Album bereits eine Tournee in Planung?

Ja, für Herbst 2016 sind einige Konzerte geplant. Die werde ich wieder mit dem Liederprogramm kombinieren. Die Termine sind demnächst auf www.manuel-schmid.com oder bei Facebook einsehbar.

 

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Pics: (c) Manuel Schmid, Nadja Hertzsch, u. a.