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MANUEL SCHMID – Seelenparadies

~ 2016 (A&O RECORDS/Edel) – Stil: Pop / Artrock ~


Das Seelenparadies ist wohl die Ankunft der Seele in paradiesischer Glückseligkeit. Im christlichen Glauben umschreibt die Seele dabei aus ihrem Wortursprung heraus das lebendige Wesen, den gesamten Mensch an sich. Also keinesfalls als direkte Umschreibung sowie Verbindung der Psyche des Menschen oder als immaterielles Individuum, das – egal in welchem Körper wohnend und unabhängig vom physischen Tod des Körpers – durch die Zeit hindurch weiterlebt.

Seelenmusik ist hingegen die musikalische Umsetzung von Tönen, die fühlbar nicht nur das Herz berühren, sondern tatsächlich in die Seele greifen. Wenn sich mehr als alle Körperhaare aufstellen, ein tiefes Schaudern den gesamten Körper durchzieht, dann hört die Seele echte Seelenlieder.

auf der anderen seite des lichts
begegnen wir uns wieder
der mensch der du warst nicht nur für mich
und deine seelenlieder

Mit ´Seelenparadies´ versucht MANUEL SCHMID vielleicht ebenfalls sein musikalisches Paradies zu finden. Sieben Jahre nach seinem Debütwerk konnte er aktuell sein zweites Solowerk veröffentlichen. Mit Songs, die er in den letzten Jahren komponiert hat oder die sogar vereinzelt für STERN-COMBO MEISSEN einst angedacht waren. Bei der immer noch aktiven Artrock Legende STERN-COMBO MEISSEN singt Manuel Schmid nämlich seit vier Jahren und brachte zudem in diesen Tagen gemeinsam mit den Neo Proggern CYRIL das zweite Album ´Paralyzed´ heraus. Große Unterstützung fand er für sein Solowerk insbesondere in seinem dortigen Bandkollegen Marek Arnold, der zwischen 2010 und 2012 auch bei STERN-COMBO MEISSEN aktiv war, heute ferner mit TOXIC SMILE, SEVEN STEPS TO THE GREEN DOOR oder FLAMING ROW äußerst hochwertige Produkte fabriziert.

aus dem garten uns’rer seelen
die ewig suchen und niemals finden

So hat Manuel Schmid feinsten Deutschpop komponiert, der mit einem Bein im Artrock steht und keinesfalls mit der populären Singer-/Songwriter-Schiene seiner heutigen deutschen Kollegen zu vergleichen ist. Seine musikalischen Wurzeln sind oft eindeutig allein von der Wortbetonung her erkennbar, selbst wenn die großen Zeiten von STERN-COMBO MEISSEN, ELECTRA oder LIFT längst vom Winde verweht scheinen. Alle Lieder stecken voller Emotionen und starker Gefühle, sei es in ausdrucksvollen sowie balladesken Songs wie ´Glaube mir´ oder ´Elena´ sowie in der neuen Version des STERN-COMBO Klassikers ´Also was soll aus mir werden´. Sozusagen einer der großen Höhepunkte, der von seinem Text her selbst nach 36 Jahren hochaktuell erscheint und als peppiges Duett von Anna-Marlene mit Manuel Schmid ein Hochgenuss ist. Das hervorstechende Lied ´Das Paradies´, eines der gerade gesanglich großartigsten Lieder deutscher Sprachkunst, das wunderbare ´ Vorbei´ und ´Das Ende vom Lied´ dürften ohne Frage jede lebendige Seele betören. Zugegeben, etwas Pathos darf nicht fehlen. Ein Hochgenuss des poppigen Artrocks, für das ein Jon Anderson sein erhofftes Paradies eintauschen würde.

worte sind wie bilder
lass die seele baumeln tief in ihr

Mit frischen Beats und einer liebevollen Programmierung wird die von vielen Gastmusikern – Dirk Zöllner, Rainer Oleak, Peter Rasym, Renè Niederwieser u.v.m. – begleitete Produktion verfeinert. In einem Song wie ´Liebe´ zeigt Manuel Schmid allein mit seiner Stimme seine herausragende Qualität, denn er nahm nicht nur recht früh Keyboard-Unterricht, sondern außerdem Gesangsunterricht an den Musikschulen Borna und Altenburg. Daher braucht er sich heutzutage keinesfalls hinter den Herren Krumbiegel, Künzel und Lenk, die Mitglieder des Leipziger Thomanerchors waren, zu verstecken. Zwei der schönsten Kompositionen dürfte der CYRIL-Liebhaber dagegen bereits kennen. Den Song ´Seelenlieder´, eine Hommage an den Anfang des Jahres verstorbenen Reinhard Fißler (u.a. STERN-COMBO MEISSEN), der auf dem CYRIL-Debüt als ´In Search Of Wonders´ zu finden war. Und den Ohrwurm zum Mitpfeifen namens ´Geld´, inklusive wunderbarem Saxofon-Spiel von Marek Arnold, der sich auf dem aktuellen CYRIL-Werk in der englischen Version als ´Peal Of Thunder´ wiederfindet. Wobei die deutschen Versionen weit gefühlvoller und empfindsamer als solche begeistern.

sanft eingetaucht
bis die worte nichts mehr zählen
am letzten strand
beginnt die seelenzeit

Den Himmel auf Erden lässt sich mit ´Seelenparadies´ womöglich noch nicht aufspüren, den Seelenfrieden vermeintlich dennoch finden, mit einem der schönsten deutschsprachigen Alben der letzten Jahre.

(9 Punkte)