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LEE JAY COP – Irgendwas is immer

2016 (Run United) – Stil: Rock


„Mit Dir ist immer alles so wunderbar, mit Dir lebt es sich blendend. Ja, Du kleiner schnuckeliger Hase, mit Dir alleine auf der Welt gibt es keinerlei Probleme“, flüstere ich am frühen Morgen meiner süßen kleinen Mitbewohnerin quietschvergnügt ins Ohr, als ich zärtlich ihren Pelz streichele.

So ein kleiner weißer Zierhase ist schon ein netter Artgenosse. Lieb und zudem leicht zu halten. Das riesige Gehege bereit ihm bestimmt viel Freude. Vielleicht paart er sich ja irgendwann einmal mit dem Hasen der netten Nachbarin, die vor kurzem nicht unweit von meinem Baumhaus eingezogen ist. Ach, vielleicht lade ich diese heute Abend zu einer kleinen Apfel-Schorle ein und spiele ihr meine neusten Alben vor. Ob ich ihr allerdings LEE JAY COP vorspielen werde, muss ich mir bis dahin noch gut überlegen. Denn diese eine Textzeile, „Das Mädchen macht den Jungen hart„, könnte womöglich missverstanden werden. Nicht, dass meine Nachbarin irgendetwas falsch versteht. Rammeln sollten höchstens unsere Tiere.

Immerhin haben LEE JAY COP die fünf Jahre lange Pause seit dem Debütalbum ´Revolution Of The Dog´ genutzt. Runderneuert präsentieren Mastermind/Sänger Christopher Been Jr., die beiden Gitarristen Christian von Hillesheim und Daniel Schumann, Bassist Alex Fox sowie Drummer Johnny Sweden elf neue Songs. Wenn eine Band aber im Rahmen der Runderneuerung die Sprache ihres Gesangsvortrags umstellt, ist zumeist höchste Vorsicht geboten. Bei den Oldenburgern hat vor allem der deutschsprachige Raum etwas von dieser Umstellung. Denn selbst wenn zuweilen einige wenige englische Satzfragmente oder ebenso Liedtitel in Englisch auftauchen, scheint die Umstellung ins Deutsche mehr als geglückt. Selten durfte der Hörer eine Band hören, die von ihren Einflüssen und der musikalischen Umsetzung gänzlich im englischsprachigen Raum anzusiedeln ist, dabei jedoch deutsche Songtexte singt, die geschmeidig und wunderbar fließen, die perfekt zur Musik passen als wäre es die einfachste Sache der Welt. Da werden die Einflüsse von STONE ROSES, VERVE, OASIS und von der Melancholie aus der Richtung NADA SURF sinnvoll umgesetzt. Als einzigen Kritikpunkt können die zuweilen zu oft in die Repeat-Schleife gedrückten Textzeilen erwähnt werden, erhöhen natürlich letztlich zugleich den Ohrwurmfaktor. Je größer die Stimulation, desto größer das Glücksgefühl. Dementsprechend werden Songs wie ´Du fühlst es auch´ zu wahren Würmern des Ohrs. Obwohl der ´Schnellzug´ zu Beginn sogleich die volle Fahrt aufnimmt, gönnen sich LEE JAY COP ebenfalls ruhigere Momente, die in ´Nur für dich´ immer wieder explodieren, in ´23´ in einer COLDPLAY-würdigen Melancholie vollends bersten und einmal in ´B & G´ etwas Hektik á la RED HOT CHILI PEPPERS aufweisen. Jetzt aber schnell das Baumhaus für den Damenbesuch herrichten, ein toller Abend und ein wundervoller Sonnenuntergang erwarten uns.

Als einige Stunden später die Eichhörnchen – mit Anbruch der Dunkelheit – langsam zwischen den Baumkronen hin und her zischen, hat es sich meine Nachbarin bei mir bereits gemütlich gemacht. LEE JAY COP hat sie sogar gleich entdeckt, in den Player gelegt und singt mittlerweile vergnügt „hip hip, ist alles fürn Arsch“ mit. Also besorge ich uns grinsend ein neues Getränk, während die Wasserpfeife mit einer erlesenen Mischung den Raum vernebelt. Schließlich wird es von Minute zu Minute, von Stunde zu Stunde gemütlicher, heißer und schwüler. Der Silberling rotiert derweil auf Repeat-Funktion in Endlosschleife und schlagartig liegen wir engumschlungen in der Kuschelecke. Von allen Seiten blicken die Eichhörnchen, auf den Fensterbänken sitzend, neugierig ins Baumhaus herein. So heiß war es zuletzt, als die Vögel in den Ästen mit den Congas spielten und die Biber um die Flammen des Feuerhaufens im Garten tanzten. Die Hitze steigt mir derweil auch ohne irgendeine schmackhafte Pilzmischung in den Kopf, während es „kann nicht sein, kann sein“ aus den Boxen oder von den Eichhörnchen selber herüberschallt. Mir wird inzwischen vollkommen schwindelig, völlig aufgelöst bade ich in meinen Gefühlen. Und plötzlich, ja, urplötzlich stimmt meine Nachbarin, mittlerweile im Laufe des Abends äußerst textsicher geworden, in den Liedtext mit ein: „Leck mich … leck mich„.

(8,33 Punkte)

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