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OBSCURA – Akróasis

2016 (Relapse Records) – Stil: Progressive (Death) Metal


Die letzten Obertöne des abschließenden Fünfzehnminüters ‚Weltseele‘ sind verklungen, da setzt es ein, dieses Gefühl, gerade einen sehr hohen Berg bestiegen zu haben. Dort drüben – der Gipfel des Mount Schuldiner! Da – der zerklüftete CYNIC2! Und da hinten, umhüllt von schwarzen Wolken, das berüchtigte Azagthoth-Vincent-Massiv. Und wo stehen wir? Na hier, auf dem ersten Achttausender des OBSCURA-Gebirges, griechisch Akróasis getauft und in unserer Zunge gleichbedeutend mit „zuhören“, „lauschen“.

Genau dies sollte man in aller Ausführlichkeit tun bei diesem neuen Album der süddeutschen Tech-Death-Virtuosen um Gründer/Gitarrist/Vokalist Steffen Kummerer. In acht Songs, zu Hälfte komponiert von Fretless-Bass-Meister Linus Klausenitzer, schaffen OBSCURA die Gratwanderung zwischen Technik/Komplexität und Nachvollziehbarkeit ohne dabei kalt oder überambitioniert zu klingen. Vocoder-Effekte, von Blastbeats unterlegte Pickings und Sweeping-Soli, harsche Stop-and-Go-Riffs, das alles fließt organisch zusammen in Songs, die bei aller Detailverliebtheit stets auf den Punkt kommen und genügend Melodien bieten, um das Ganze ohne Ermüdungserscheinungen durchhören zu können. Klar sind die Grundeinflüsse von ‚Blessed Are The Sick‘ über ‚Focus‘ und ‚Unquestionabe Presence‘ bis hin zu ‚Symbolic‘ et al. herauszuhören, doch OBSCURA haben inzwischen ihren eigenen Sound gefunden, der den Platz der Band in der Weltliga des Extremen manifestieren wird.

Wer jetzt erst zusteigt, dem seien zum Reinkommen die letzten beiden Songs der neuen Scheibe empfohlen: das fast schon straighte ‚Perpetual Infinity‘ mit seinem ‚Control And Resistance’-inspiriterten Grundriff sowie das erwähnte, episodenhaft aufgebaute ‚Weltseele‘, zu dessen Dramatik und Dynamik auch ein Streicherensemble beigetragen hat.

Kein Zweifel, ‚Akróasis‘ ist DER Extrem-Maßstab für 2016!

Und 2017?

Und 2018?

(äußerst sauerstoffarme 8,5 Punkte)