Redebedarf

WATCHTOWER

~ Exklusives Interview mit Ron & Alan ~


Sie zählen zu den einflussreichesten Prog-Metal-Bands überhaupt, definierten das Genre Ende der Achtziger Jahre zusammen mit FATES WARNING und DREAM THEATER. Die Rede ist von WATCHTOWER aus Austin/Texas, deren Alben ´Energetic Disassembly´ (1985) und ´Control And Resistance´ (1989) nach über einem Vierteljahrhundert mit nur einem neuen Song (´The Size Of Matter’ von 2010) nun endlich Zuwachs in Form einer EP bekommen.

Streetclip.tv hatte die Möglichkeit, mit Sänger Alan Tecchio und Gitarrist Ron Jarzombek zu sprechen. Hier unser Interview:

Alan, Ron, Ihr seid mit WATCHTOWER zuletzt 2010 beim Keep It True – Festival in Königshofen aufgetreten. Welche Erinnerungen habt Ihr an diesen Gig?

Alan: Ich war in diesem Jahr auch mit HEATHEN’S RAGE beim KIT und muss sagen, dass dieses Festival eines der besten ist, das ich kenne. Die Fans sind enthusiastisch, fast schon tollwütig. Was allein bei der Autogrammstunde mit WATCHTOWER damals beim KIT abgegangen ist, war unglaublich. Und dann die Reaktionen beim Konzert… Es war ein herrliches Gefühl, nach so vielen Jahren Abwesenheit so herzlich empfangen zu werden.

Alan Tecchio

Ihr habt kürzlich in einer Radioshow verraten, dass es neues, veröffentlichungsreifes WATCHTOWER-Material gibt. Details bitte!

Alan: Wir haben drei neue Songs am Start und warten zurzeit auf den Mix. Wenn alles fertig ist, werden wir Labels kontaktieren und je nach Erfolg entscheiden wie wir weiter vorgehen. Vielleicht veröffentlichen wir die EP auch in Eigenregie – dann wohl als Download, obwohl ich weiß, dass gerade die europäischen Fans keine großen Freunde von Downloads sind.

Ron: Die drei Songs heißen ‘M-Theory Overture‘, ‘Arguments Against Design’, und ‘Technology Inaction’. Wenn sie gut ankommen, werden wir sicher nachlegen.

Ron Jarzombek

In Form eines seit zwei Jahrzehnten angekündigten Albums namens ´Mathematics‘?

Ron: Naja, wir sind einer Fertigstellung von ´Mathematics’ in den ganzen Jahren nicht einmal nahe gekommen. Die Chance, das Ganze jetzt noch fertigzustellen und zu veröffentlichen, sind eher gering. Wir wollen jetzt erstmal einzelne Songs veröffentlichen.

Alan: Ron musste sich nach den Tour-Aktivitäten für ‚Control And Resistance‘ Anfang der Neunziger einer Handoperation unterziehen. Es dauerte drei Jahre, bis er wieder richtig Gitarre spielen konnte. Ich war damals bereits zurück nach New Jersey gezogen und habe bei NON-FICTION gesungen. So ist das mit WATCHTOWER auseinandergegangen.

Ron: Ja, an mangelndem Label-Interesse ist es damals sicher nicht gescheitert.

Was haben Rick Colaluca and Doug Keyser in den letzten 20 Jahren musikalisch getrieben?

Ron: Doug and Rick waren für ein paar Jahre in einer Funk-/Rap-Band namens RETARTED ELF aktiv. Rick hat dazu noch in einigen lokalen Bands gespielt, aber meines Wissens nach nichts aufgenommen und veröffentlicht.

In welcher Besetzung habt Ihr die neuen Songs eingespielt?

Alan: Im ‚Control And Resistance‘-Lineup mit Doug am Bass und Rick an den Drums. Wir würden liebend gerne wieder in Deutschland auftreten, aber jetzt müssen wir zuerst die Veröffentlichung der neuen Sachen so gut wie möglich über die Bühne bringen.

Ihr seid alte Szenehasen und habt die Veränderungen des Musikgeschäfts hautnah miterlebt. Würdet Ihr neuen Bands inzwischen von einer Musikkarriere abraten?

Ron: Das Internet bietet fantastische Möglichkeiten in Sachen Verbreitung mit Seiten wie Bandcamp oder Youtube. Das große Problem besteht darin, dass speziell die digital sozialisierte Generation Musik heutzutage als einen Gratisartikel ansieht. Ich arbeite als Musiklehrer und erzähle meinen Schülern, dass sie sich besser einen anderen Job suchen sollten bevor sie versuchen, mit der Musik ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Für viele junge Menschen hat Musik sowieso eher Hobby- als Berufscharakter. Diesen Satz vom „Durchbruch schaffen“, den kannst du inzwischen getrost vergessen. Aber wenn du Musik aus Leidenschaft machst und Spaß an diesem Hobby hast, dann gib Gas. Es gibt doch nichts Schöneres!

Ron Jarzombek

Zu guter Letzt: Könnt Ihr uns noch mit ein paar lustigen Tour-Anekdoten versorgen?

Alan: Hmm … wir hatten mal eine Unterwäsche-Party backstage, aber da kann ich jetzt leider nicht ins Detail gehen (lacht)

Ron: Mir ist bei unserem ersten Trip nach Deutschland etwas passiert. Ich bin am Flughafen vom Sicherheitspersonal aufgehalten worden, weil sie dachten, das Metronom in meinem Koffer wäre eine Bombe. Das war noch vor 9/11. Heute würden sie wahrscheinlich den Flughafen evakuieren …

Vielen Dank für Eure Zeit, Männer! Auf ein hoffentlich baldiges Wiedersehen – auf einer deutschen Bühne …


Interview: Susi „Rocketqueen“ Müller
Übersetzung: Ludwig Krammer
Pics: Tecchio/Jarzombek