Redebedarf

BATTLEROAR

Interview mit Sänger Gerrit P. Mutz und Gitarrist Kostas Tzortzis


Gerrit und Kostas, erst einmal vielen Dank für das überragende BATTLEROAR Album.

Es war zudem schön, Gerrit, im letzten Jahr erst ein neues SACRED STEEL Album kredenzt zu bekommen und Dich jetzt sogar noch nach Deinem plötzlichen Einstieg bei BATTLEROAR auf dem neuen Album zu erleben. Aber erzähl uns doch erst einmal wie Du zu BATTLEROAR gekommen bist und ob Dein Einstieg lange geheim gehalten wurde?

Gerrit: So wirklich plötzlich kam das jetzt eigentlich gar nicht mit BATTLEROAR. Als ich vor zwei Jahren als Gastsänger bei einem Gig ausgeholfen habe, hat mich danach die Band gebeten, als fester Sänger einzusteigen. Das tat ich und das wurde dann auch sofort über die üblichen Kanäle kommuniziert – geheim gehalten wurde mein Einstieg also nicht.

Spielt die Distanz zwischen Euch – durch halb Europa – in den heutigen Zeiten keine Rolle mehr?

Gerrit: Klar, ist es den Jungs bewusst, dass ich schon anderweitig gut beschäftigt bin und die räumliche Trennung insbesondere das Proben tatsächlich recht abenteuerlich macht … aber bislang hat das alles ganz gut funktioniert.

Kostas: Nun, das kann definitiv ein Problem sein, aber eigentlich ist das nicht so schwierig, wenn man alles im Voraus plant und sich auch daran hält. Ich glaube, es ist alles eine Frage der Prioritäten und der guten Zusammenarbeit.

Bist Du ein vollwertiges Bandmitglied, Gerrit?

Gerrit: Ja, ich bin ein vollwertiges Mitglied. Darum hat mich, wie gesagt, die Band auch gebeten.

Wie langen haben BATTLEROAR nach einem neuen Sänger gesucht?

Kostas: Ich glaube, so in etwa sechs bis acht Monate.

Verlief die Trennung mit den zu DEXTER WARD abgewanderten Musikern eigentlich damals freundschaftlich oder besteht heutzutage kein Kontakt mehr?

Kostas: Du meinst, Marco und Manolis, schätze ich. Nun, nach diesem Line-up gab es ein weiteres Line-up vor dem aktuellen. Aber ja, wir stehen immer noch in Kontakt, vielleicht nicht so oft wie früher, aber es bestehen immer noch freundschaftliche Gefühle zueinander. Deshalb können wir auch alle zusammen im März eine Réunion-Show beim ´Up The Hammers` Festival spielen!

Konntest Du denn auf dem Album schon zum Songwriting beitragen, Gerrit?

Gerrit: Zum Songwriting konnte ich schon einiges beitragen. Die Texte hab ich mit Kostas erarbeitet und die Gesangslinien sind komplett von mir.

Wer hatte die Idee, eine Geige in den Sound von BATTLEROAR zu integrieren?

Kostas: Ich denke, es war Alex (Papadiamantis, der Geiger, Anm. d. Verf.) selber. Er war derjenige, der mit uns im Jahr 2004 in Kontakt getreten ist.

Wurde auch schon einmal über die Verwendung einer Clarino nachgedacht?

Kostas: Ich flirte mit dieser Idee schon seit einer Weile, aber bisher ohne Ergebnis. Die Wahrheit ist, dass ich darüber tatsächlich schon nachgedacht habe, weil sie das Hauptinstrument unserer traditionellen Musik ist, hier aus der Region, aus der ich komme und die zudem eine meiner Inspirationen war. Vielleicht in der Zukunft …

Habt Ihr Gerrit wenigstens schon Griechisch beigebracht?

Kostas: Ha! Ich glaube nicht, dass das eine Option ist! Ich weiß nicht, ob er die Absicht hat …

Gerrit: He he, nein, Griechisch kann ich bisher null. Nicht ein Wort. Und dabei habe ich zumindest probiert, mir das ein oder andere zu merken …

Gerrit, benutzt Du bei BATTLEROAR bewusst eine leicht andere Gesangsweise als bei SACRED STEEL?

Gerrit: Nun, ja, im Studio wurde ich schon mehrfach gebeten es doch hier und da etwas melodischer zu versuchen. Das war recht neu und spannend für mich. Generell versuche ich bei BATTLEROAR etwas gefühlvoller und nicht ganz so aggressiv wie bei SACRED STEEL zu singen. Mehr so wie bei DAWN OF WINTER – aber kraftvoller.

Wurde Dir tatsächlich in der Vergangenheit bei SACRED STEEL von Außerhalb angetragen, Deinen Gesang zu ändern?

Gerrit: Na ja, angeraten nicht. Es war schon eher so, dass mein Gesang einfach recht häufig kritisiert wurde. Er ist halt nun mal meistens der entscheidende Faktor ob man eine Band mag oder nicht. Schuld ist immer der Sänger. Oder der Drumcomputer, hehe. Die ganz hohen Sachen lasse ich aber nicht deshalb öfters weg, weil es daran Kritik gab, sondern weil es live viel leichter ist, sich mehr im stimmlichen Mittelfeld zu bewegen.

Habt Ihr mittlerweile schon neues Material in der Pipeline?

Gerrit: Kostas wird demnächst wohl anfangen, neues Material zu schreiben. Es drängt ja aber nicht, denn wir sind momentan immer noch gut beschäftigt, das aktuelle Album zu promoten.

Wie viele Konzerte habt Ihr mit BATTLEROAR schon auf hellenischem Boden gespielt?

Gerrit: Bislang haben wir zusammen fünf Gigs in Griechenland und einmal in Deutschland gespielt.

Wie hältst Du Deine Stimme fit?

Gerrit: Gar nicht. Ich wünschte, ich hätte ein Rezept, um meine Stimme zuverlässig fit zu halten. Üblicherweise lutsche ich ein paar Halspastillen und trinke ein paar Biere. Oft genug bin ich selber überrascht, wenn es dann auf der Bühne ganz gut klingt, obwohl noch kurz vorher die Stimme fast weg war. Wie zuletzt bei der Show auf dem SWORDBROTHERS. Vor der Show konnten wir auch nur eine halbe Probe improvisieren. Deshalb war der Gig auch nur okay und leider nicht so geil, wie er hätte sein sollen.

Hast Du es auch schon erlebt, dass Deine Fans vollkommen begeistert von der Show waren und Du eher unzufrieden?

Gerrit: Klar. Das passiert ab und an. Auf der Bühne klingt es nun mal doch anders als davor und von unten sieht auch manches imposanter aus, als es sich oben anfühlt.

Liegen Deine Hauptbetätigungsfelder SACRED STEEL, BATTLEROAR und DAWN OF WINTER in Deiner Priorität-Liste gleichberechtigt nebeneinander?

Gerrit: Na ja, das Projekt bzw. die Band, die in dem jeweiligen Moment meine Aufmerksamkeit benötigt bekommt diese auch zu 100 Prozent. Da mache ich keine Unterschiede oder Abstriche. Ansonsten ist schon SACRED STEEL klar meine Hauptband. Da wir mit DAWN OF WINTER aber sowieso nicht sehr aktiv sind und BATTLEROAR eben in einem anderen Land leben, lässt sich das noch ganz gut koordinieren.

Gab es schon mal einen (Zeit-)Punkt, da Ihr teilweise auch ziemliche lange Pausen hattet, an dem Ihr SACRED STEEL auflösen wolltet?

Gerrit: 2004 hätten wir SACRED STEEL tatsächlich fast aufgelöst, als die beiden Hauptsongwriter Jörg und Oli abgewandert sind. Jens und Matze wollten dennoch weitermachen und haben mich schnell motiviert, es doch weiter zu versuchen. Das haben wir nie bereut. Die letzten zehn Jahre mit den Jungs waren einfach toll!

Das war tatsächlich eine richtige Entscheidung. Auch wenn es in vielen Fällen, bei Abgängen der songwritischen Eckpfeiler einer Band, anders ausgeht …

Wie sieht es zurzeit mit den beiden anderen Bands aus?

Gerrit: Wir spielen mit SACRED STEEL immer noch recht viel live. Beispielsweise heute Abend auf dem Neckbreaker-Festival. Des Weiteren schreiben wir an neuen Songs. Einige Titel sind ´Beyond The Gates Of Nineveh´, `Let There Be Steel`, `Metal Under Siege´, `Vulture Priest` oder `Fallen Is The King`. Mit DAWN OF WINTER dauert naturgemäß alles etwas länger. Bislang haben wir zwei fertige neue Songs und arbeiten am dritten.

Bei `Let There Be Steel´ muss ich natürlich sofort an AC/DC denken. Ist die Titelwahl unbewusst oder bewusst hinsichtlich dem Benutzen von Klischees ausgefallen, egal ob wieder darüber gemeckert wird oder nicht?

Gerrit: Yep. Ich bediene bewusst Klischees, ich nenne es nur lieber Trademarks. Klischee klingt so negativ. Solche Texte gehören zum Metal wie das Geballer zum Western. Texte müssen zur Mucke passen und Metal-Texte passen einfach am besten zu Metal-Musik. Und jawohl, der Titel `Let There Be Steel´ ist natürlich an `Let There Be Rock´ angelehnt. Metal oder Steel sind ja die logischen Nachfolger des Rock.

Bist Du aktuell noch in irgendeinem weiteren Projekt involviert, Gerrit?

Gerrit: Ich bin noch bei ANGEL OF DAMNATION. Da machen wir hoffentlich nächstes Jahr mal das zweite Album.

Wie verdienst Du eigentlich in diesen Zeiten Deinen Lebensunterhalt

Gerrit: Ich arbeite bereits seit sechs Jahren bei einem Heavy Metal-Vertrieb, -Label und -Großhandel namens Cyclone Empire.

Wo siehst Du Dich in zehn Jahren?

Gerrit: In Frührente hoffentlich, haha! Nein, im Ernst, ich hoffe darauf, dann immer noch mit Cyclone Empire den Leuten den Metal nahe zu bringen. Außerdem wäre es schön, selbst mit 55 Jahren dann noch ab und an auf einer Bühne zu stehen. Toi, toi, toi.

Findest Du auch, dass sich die Metal-Szene innerhalb der letzten 25 Jahre zum Positiven entwickelt hat, Gerrit?

Gerrit: Ja, das finde ich tatsächlich! Heutzutage haben wir Festivals wie das ´Headbangers Open Air´, das ´Keep It True´ oder das ´Hammer Of Doom´. Geniale Magazine wie das ´Deaf Forever´ oder das ´Iron Fist´. Tonnenweise geile Bands und eine unglaublich vielfältige Szene. Daran war 1989 nicht zu denken…

Kostas, wo liegen die Unterschiede in der Metal-Szene in Hellas heute und vor 25 Jahren?

Kostas: Heutzutage existieren viel mehr Bands, auch besonders talentierte. Die Szene ist sehr stark geworden und es gibt mehr Möglichkeiten für die Promotion, allein über das Internet oder auch Facebook. Früher war es anders, allein das Interesse an griechischen Bands war weitaus geringer. Die Technologie hat viel geholfen, so dass mehr Leute im Business sind und gute Arbeit leisten.

Gibt es womöglich einen Zusammenhang zwischen der Wirtschaftskrise in Griechenland und der wachsenden Zahl an Gruppen?

Kostas: Das ist wirklich nicht einfach zu beantworten … Ja, es scheint aber möglich, dass Menschen, die sich musikalisch ausdrücken, das Bedürfnis mehr als je zuvor verspüren, in dieser Knechtung, gehört zu werden. Um ihre Gefühle auszudrücken, ihre Gefühle von Zorn, Trauer, Wut und Leid …

Dann richten wir lieben nochmal den Blick zurück in die Vergangenheit. Wie findest Du heutzutage die Musik von VARIETY OF ARTS, Gerrit?

Gerrit: Interessant aber anstrengend. Keine Ahnung wie ich mir sowas damals merken konnte. Sehr progressiv das Ganze.

Und immer noch gut. … Kannst Du uns fünf Lieder nennen, die Dir emotional gesehen im Leben am meisten gegeben haben?

Gerrit:

KATE BUSH – ´Wuthering Heights´
TROUBLE – ´The Skull´
MANOWAR- `Secret Of Steel´
MERCYFUL FATE – ´The Oath´
ADELE – ´Don’t You Remember´

Kostas:

Das ist eine noch härtere Frage! Lass es mich versuchen …

MANOWAR – ´Battle Hymn´
MANILLA ROAD – ´The Veils Of Negative Existence´
BATHORY – ´Prologue: Twilight Of The Gods´
RUNNING WILD – ´Riding The Storm´
CANDLEMASS – ´Solitude´

Ich bin sicher, ich habe Dutzende von Songs gerade vergessen, aber das ist es, was mir im Moment einfiel …

Was sind Deine aktuellen musikalischen Faves, Gerrit?

Gerrit: Momentan höre ich viel PINK FLOYD, OBITUARY, alte JUDAS PRIEST, WRATH, VENOM, USURPER, ARZACHEL, THE SKULL, CCR, WORSHIP, EXHUMED, GRANICUS, INFERNAL MAJESTY, SCEPTER, PENANCE, JOHNNY CASH, alte URIAH HEEP, INCUBUS, PORTRAIT, DESTRUCTOR, PORTAL, SKULLVIEW, WHIPLASH, ABSCESS, alte SIX FEET UNDER, ELECTRIC WIZARD u.v.m. …

Wer sind Deine musikalisch Helden – aus Deiner Jugend und heutzutage, Kostas?

Kostas: Das ist nicht einfach zu beantworten, auf jeden Fall kann ich jedoch sagen, dass mich Mark Shelton von MANILLA ROAD in meiner Jugend inspiriert hat, aber selbst noch heute, da wir mittlerweile gute Freunde sind! Rolf Kasparek ist ein weiterer, mit alledem was er in den 80er und 90er Jahren geleistet hat. Ebenso Bobby Gustafson von OVERKILL als er noch in der Band war. Und nicht zu vergessen, der mighty Quorthon war auf jeden Fall einer meiner wahren Helden! Er war einzigartig! Die Liste könnte ewig so weitergehen, aber es ist besser, hier zu stoppen …

Was ist das unmetallischste an Euch selber?

Gerrit: Ich finde ´Rocka Rolla´ deutlich geiler als ´Painkiller´!

Kostas: Ich genieße wirklich Deine Fragen, hehe! Nun … sagen wir mal, dass ich fast alle Arten von Musik aus der ganzen Welt höre und ich wage zu sagen, dass ich einige Faves unter ihnen habe! Ach ja, ich mag süße Getränke! Lol!

Euch beiden, vielen Dank für die tollen Antworten!

Kostas: Thank you.

Gerrit: Danke Dir für das Interview, Michael!