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ATLANTEAN KODEX – The White Goddess

~ 2013 (Cruz Del Sur) – Stil: Heavy Metal ~


ATLANTEAN KODEX sind mit `The White Goddes`, drei Jahre nach ihrem Debüt, wieder zugegen und legen einen famosen Zweitling vor.

Fünf neue Lieder haben sie der dürstenden Hörerschaft mitgebracht, die sie mit Intro und allerlei Zwischenstücken ergänzt haben. Und gleich zu Beginn fühlt man sich durch die übertragene Stimmung in die Zeit der Burgen und Schlösser zurückversetzt. Man glaubt daneben zu stehen, wenn Schwerter aufeinander einschlagen, wenn Schwerter auf Rüstungen und menschliche Körperteile eindreschen. Und im Zweifelsfall bleibt man dann besser stehen und horcht genau hin, denn das Album entwickelt keine Musik, die aus der Ferne betrachtet werden sollte. Vielleicht auch nicht eine Musik zu einer fortwährenden Schlacht auf offenem Felde oder in ohrenbetäubendem Getümmel des Gefechtes, denn dazu ist sie viel zu getragen, sehr weitschweifend ist hier das Spiel. Hier erklingt eher die Musik zu einer Szenerie mit einer riesigen Horde von Recken, die siegessicher und kraftstrotzend nach dem Kampfe dürstet.

Der Sound von ATLANTEAN KODEX lässt sich teilweise immer noch bei den sehr frühen MANOWAR verorten, gerade in den getragenen und heroischen Parts kann selbst Sänger Markus Becker diesen Einfluss nicht verbergen. Solch eine spür- und hörbare Erhabenheit erklang wohl zuletzt nur im Song `Bridge Of Death` und ATLANTEAN KODEX sind nahe dran solch ein Feeling vermitteln zu können. Die oft und gern betonten BATHORY-Einflüsse sind eigentlich keinerlei Erwähnung wert, vielmehr haben einige Doom-Bands ihre Spuren hinterlassen, obwohl ATLANTEAN KODEX zu keiner Sekunde als Doom-Band zu titulieren wären. Nichtsdestotrotz haben sie wohl die selben Musikheroen inhaliert, wie es beizeiten DOOMSWORD und ETRUSGRAVE oder ähnliche Bands südlich der bajuwarischen Grenzen getan haben. Man kann aber noch eine Abgrenzung zu den Epic-Gruppen südeuropäischer Spielart erkennen, obwohl gerade der Eröffnungssong `Sol Invictus´ mit seinen aufkommenden Chören („From darkness grows light, from ashes a fire to conquer the cold, the rites of yuletide, defying the times, the virgin-born child, sol, sol invictus, shining guardian of the west, in saecula saeculorum, conquer with fire and with faith“) das Gegenteil behaupten mag. `Heresiarch` ist hernach auf einem fast ebenbürtigen Niveau, kann aber nicht mit solch überraschenden Songaufbauten glänzen. Der Höhepunkt ist mit ´Twelve Stars And An Azure Gown` („On a strong white bull, the goddess rides, in the darkest night twelve stars will rise, daughter of the east with an azure gown, our new jerusalem found“) in der Albummitte platziert. Welch eine fast tränenrührende Erhabenheit und doch kraftvolle Macht versprüht dieser einmalige Song. `Enthroned In Clouds And Fire` kann auch wieder überraschen und führt die Recken zielstrebig zum Höhepunkt. Dieser wird im Abschlusssong ´White Goddess Unveiled` ausgiebig vorbereitet, bis am Ende ein glorreicher Chorusgesang („For all the words unspoken, for all the deeds undone, for all our shattered dreams, for all the songs unsung, for all the lines unwritten and all our broken hearts, for all our wounds still bleeding and all our kingdoms come, for all loved ones never forgotten and all burning memories, goddess take our hand, oh won’t you grant us peace, for all that we are longing for yet we shall never have, beyond the dreaming west, once we all will be healed“) das Album beendet, obwohl das Ausfaden der Gitarre skandalös erscheint, oder uns auf einen zweiten `White Goddess Unveiled`-Teil in ferner Zukunft vorbereiten soll.

Doch heute ist die Schlacht gewonnen.

(9 Punkte)