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SECOND RELATION – Abiona

~ 2012 (Eigenproduktion) – Stil: (Prog) Metal ~


Nach dem ersten Album `Lynette` (in 2009) veröffentlichen die Österreicher von SECOND RELATION drei Jahre später ihr Album `Abiona` erneut in Eigenregie. In einem selbst gebasteltem Digi-Pack wirkt nicht nur die Aufmachung höchst professionell, auch die Musik kann hohen Ansprüchen gerecht werden und entwickelt sich mehr und mehr zu einem eigenständigen Soundgebräu, das hoffentlich viele Ohren in der Welt erreichen wird.

Doch das könnte für not-open-minded-people zum Problem werden, da sich SECOND RELATION etwas zwischen den Stühlen einiger Stile gemütlich machen. Wer bei den ersten Tönen des Openers `Chance, Aim, Way, Promise` nicht an OPETH denkt, hat die letzten Jahre verpennt. Die Gitarristen Simon Gstöhl und Julian Nachbauer brennen ein wahres Riff-Feuerwerk mit Wendungen und Überraschungen ab, das selbst den letzten OPETH-Fan überzeugen sollte. Doch umgehend, spätestens beim Einsatz des Gesanges, werden melodischere Tönen angestimmt, die auch dem britischen Prog entstammen könnten. Hier findet der vergrämte OPETH-Altanhänger nicht nur ein neues Zuhause, sondern endlich auch eine Band, deren Sänger auch als ein solcher zu bezeichnen ist. Und das ist im Falle von Bastian B. Berchtold, der auch für den Bass zuständig ist, noch leicht untertrieben. Hier haben wir es mit einer der besten Newcomer-Leistungen im Gesangsbereich innerhalb der letzten Jahre zu tun. Schon beim nächsten Song `Frightening Silhouettes` kommt man nicht umher die Gesangsharmonien geradezu anzubeten („This city makes me sick, I can´t get warm with it, I feel so lost inside, I should run away, but I´m imprisoned, I hate it, that´s the truth”). Zuletzt konnten solche Leistungen bei der Hamburger Art-Rock Band SOPHISTREE im Jahr 1998 bewundert werden. Der überragende Solo-Part mit kurzem Geigeneinsatz wird dann auch noch vom Chorgesang und hartem Gitarren-Riffing wieder zurück zum Hauptthema des Songs geleitet. Aber nicht nur der melodische Gesang bietet großen Abwechslungsreichtum, brillante Songs gibt es noch én masse obendrauf. Bei `Impulse Against Seperation` kommen nach dem Ableben von SIEGES EVEN durch deren Nachfolgeband SUBSIGNAL beglückte Liebhaber von melodischer und anspruchsvoller Musik voll auf ihre Kosten („It´s not about distance and hate, or anger; it´s about friendship and harmony, it´s not about coloured skins, or seperating; it´s about love and the lovers inside the bar“). Anfangs mag die dargebotene Stilistik noch ungewohnt erscheinen, dies ist aber bei eigenständigen Bands oft der Fall. Allein der phänomenale Gesang lässt keine andere Wirkung zu, als pure und echte Begeisterung aufkommen zu lassen. `And In The End` beginnt eher melancholisch, um sich im Refrain heftig aber melodisch zu entfalten („Ways on this earth, no finish line, I´m on the run, it´s my time, my solo attempt, my chance to glory”). Wenn im Laufe des Abschlusstracks dann gedacht wird, dass alle Breaks gesetzt, alle Refrains gesungen (“It´s hard I´ve lost my home, my friends, my family, it´s dangerous, so dangerous, all for my self-fulfill”) und alle Fasern des Sounds erfasst wurden, dann belehren uns SECOND RELATION eines besseren. Mit der aufgrund oftmaliger Wiederholung zum Ohrwurm herauf stilisierten Zeile „I believe in you and me“ beenden sie das Album eher modern, aber destotrotz phantastisch. SECOND RELATION sollten mit ´Abiona´ nicht nur die Anhänger der angesprochenen Gruppen mit ihrer Musik überzeugen können, sondern viele Melodic Prog-Fans aller Schattierungen und eine große Menge an open-minded Metallern erreichen.

`Abiona` ist nicht nur eine der besten Eigenproduktionen des Jahres 2012, sondern auch eines der Alben des Jahres an sich.

(9 Punkte)

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