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THE DEVIL’S BLOOD – The Time Of No Time Evermore

2009 (Van Records/Soulfood) – Stil: Occult Classic Rock


Manch einer hat über die Metal-Presse innerhalb des letzten Jahres vielleicht etwas von dem Hype über diese ominöse Combo mitbekommen. Vergesst alles, was irgendwie an dieser Band mit Black Metal oder mit dem entsprechenden Drumherum zu tun hat. Gitarrist, Hauptsongwriter und Mastermind SL kommt zwar aus diesem Umfeld, ist wohl auch gläubiger Satanist/Okkultist, aber ansonsten war’s das. Die Musik hat nämlich mit Black Metal gar nichts und mit Metal als Stilrichtung eigentlich auch kaum was zu tun. Was hier aus den Boxen rauscht, ist der allerfeinste Classic Rock/Hardrock/Psychedelic-Mix, den ich seit vielen Jahren zu hören bekommen habe.

Stellt Euch folgende Besetzung vor: Eine sehr gefühl- sowie druckvoll agierende Rhythmusfraktion, eine Sängerin, die zwar gewöhnungsbedürftig für manche Ohren sein wird, aber deren Stil, Stimmfärbung und Gesangsmelodien hervorragend zur Musik passen, und dann eine Gitarrenarmee in wechselnden Gewichtungen aus Jimi Hendrix, Stevie Ray Vaughan, Pat Travers, Jimmy Page, Brian Robertson & Scott Gorham (Thin Lizzy), Dave Murray & Adrian Smith (Iron Maiden), Andy Powell & Ted Turner (Wishbone Ash) sowie an Effekten/Produktion/Additional Space Guitars Roky Erickson (13th Floor Elevators), Dave Brock (Hawkwind) und Gary Brooker (Procol Harum). Baff? Ja, werdet ihr auch sein, wenn ihr irgendwas mit allen oben genannten Namen anfangen könnt und diese Platte hört.

War die voangegangene Mini-LP „Come, Reap“ schon ziemlich geil (und gab mit dem Roky Erickson-Cover „White Faces“ schon einen Hinweis auf die Einflüsse), so ist die aktuelle CD der absolute Oberhammer. Auf so eine Platte habe ich 10, wenn nicht 20 Jahre gewartet. Nach all den protooligen Hochglanzproduktionen der letzten Jahre, nach all den neuen und doch wieder alten Trends und Trademarks, nach all der Musik, die mich kurzfristig hoch begeistert hat und nach ein paar Wochen wieder so langweilig war, dass ich wieder mal „Rising“, „In Rock“, „Strangers In The Night“ oder ähnliches aus dem Plattenschrank zerrte und wiederholt feststellen musste, dass „Stargazer“ oder „The Boys Are Back In Town“ eben immer noch unverwüstlich sind und es niemanden mehr gibt, der solche Musik schreiben kann, kommt dann diese kleine Plastikscheibe um die Ecke.

Nach 6 Monaten Dauerrotation hat „The Time Of No Time Evermore“ für mich jetzt schon den „test of time“ bestanden und rangiert in der gleichen Liga. Ein Gottalbum ohne Ausfall. Zu o.g. Namen addiert bitte noch Uriah Heep und UFO (Das Intro klingt ein wenig nach dem Intro zu „Doctor Doctor“). Es ist nicht zu fassen, dass heutzutage noch jemand so kreativ mit dem Erbe der 60er und 70er umgeht, dass etwas Gleichwertiges herauskommt, ohne stumpfe Abkupferei zu sein. Das ganze Album besticht vor allem durch seine durch und durch beseelte Gitarrenarbeit. Diese Riffs, Harmonien und Melodien. Diese absolut göttlichen Double-Leads an allen Ecken und Enden, die man seit den 70er-Glanztaten von Wishbone Ash oder Thin Lizzy oder seit der Anfangsphase von Maiden in solch einem Kontext und in solch einer Qualität nicht mehr gehört hat! Ich zumindest nicht. Und da bis auf das etwas unspektakuläre „The Yonder Beckons“ alle restlichen 9 Songs (1 + 2 sind eigentlich 1 Song inkl. Intro, auch per Tracklist benannt „1. The Time Of No Time, 2. Evermore“ – nettes Wortspiel 😉 auf dem gleichen Top-Level sind, wird’s mit Anspieltipps schwer. Vor allem, da ich selbst schon beim ersten Hören (und bis heute auch noch!) es nicht geschafft habe, irgendwann im Laufe der Platte die Skip-Taste zu drücken. Das passiert mir auch recht selten. Trotzdem seien dem Interessierten als Snippets ans Herz gelegt: Der Anfang mit besagtem Intro/Titeltrack, Song Nr. 6 „Christ or Cocain“ mit einem der geilsten Double-Lead-Themen aller Zeiten (erinnert ein wenig an „Tusk“ von Fleetwood Mac – würde ich als genrefremden Einfluss sogar auch noch irgendwo im Devil’s Blood-Kosmos einsortieren – vergl. das ruhige „Angel’s Prayer“!) oder das düster-psychedelische „Feeding The Fire With Tears And Blood“. Langer Rede, kurzer Sinn: Wer auf Classic Rock mit Gitarren, Gitarren, Gitarren steht, kann hier NICHTS falsch machen. Hammerband, Hammeralbum. Meine Platte des Jahrzehnts. Hugh.

10 Punkte